22.04.19

Die Prophylaxe und die Therapie von Rückenschmerzen umfassen alle Lebensbereiche.

Probleme mit dem Rücken sind häufig. So ist es nicht verwunderlich, dass das Bemühen um Schmerzfreiheit allumfassend ist und unser tägliches Leben, das heißt unseren gesamten Alltag betrifft.

Es kann daher nicht genug betont werden, das nur Veränderungen der Lebensumstände, der Lebensweisen als auch die Aufgabe oder Anpassung liebgewonnener Gewohnheiten im Zusammenspiel mit anderen bewährten Therapiemethoden zur dauerhaften Schmerzfreiheit führen, bzw Rückenschmerzen verhindern können.

Leider findet diese Betrachtungsweise nicht immer die gewünschte Aufmerksamkeit. Viele im Alltag verankerte Angewohnheiten sind zu sehr etabliert, als dass man sie ohne weiteres ändern könnte oder wollte. Es erfordert also häufig viel Energie, viel Disziplin und natürlich eine tiefe Einsicht in die Notwendigkeit, sich im täglichen Leben entsprechend neu zu organisieren.

Um Ihnen eine Idee von möglichen Veränderungen zu geben, haben wir an dieser Stelle noch einmal typische, leicht zu ändernde Tätigkeiten zusammengefasst. Sie alle lassen sich so modifizieren, dass ihr Rücken geschont wird und sie auf diese Art und Weise wirksam Ihre Rückenschmerzen bekämpfen können. Selbstverständlich sind auch alle vorgeschlagenen Maßnahmen geeignet, der Entstehung von Rückenschmerzen zu entgegenzuwirken, bzw. vorzubeugen.

Ganz egal ob zu Hause, im Auto, auf Reisen, beim Sport oder auf der Arbeit , gegen Rückenschmerzen können Sie praktisch überall etwas tun. Einige der in diesen Bereichen ausgeübten Tätigkeiten gelten sogar als typische Auslöser von Rückenschmerzen. Die positive Nachricht ist, dass sie sich ohne großen Aufwand, lediglich mit ein wenig Disziplin vermeiden lassen.

Beim Schlafen

Von entscheidender Bedeutung für den Rücken ist die Qualität des Bettes bzw der Matratze. Über die geeigneten Materialien herrscht Uneinigkeit.

Wichtig ist,  dass sie entspannt liegen und der Rücken in einer anatomisch korrekten, nicht belastenden Lage gehalten und gestützt wird. Die geeignete Unterlage finden Sie im entsprechenden Fachgeschäft. Bitte lassen Sie sich nicht durch Sonderangebote oder Werbeversprechen zu Spontankäufen verleiten. Das Testen einer Matratze oder einer anderen Schlafgelegenheit erfordert viel Zeit und viel Geduld. Auch Testsieger können nur den statistischen Durchschnitt repräsentieren. Entscheidend ist und bleibt  die individuelle Passform der jeweiligen Schlafgelegenheit. Tests dienen der Orientierung und sind kein Ersatz fürs Probeliegen! Ebenfalls entscheidend ist das Alter der Matratze. Alte Matratzen sind in der Regel nicht mehr geeignet den Rücken adäquat zu unterstützen.Die Lebensdauer einer Matratze beträgt maximal 10 Jahre.

Eine gute Kaufberatung In Form einer umfangreichen Aufklärung stellt Ihnen beispielsweise der Bayerische Rundfunk im Internet zur Verfügung. Reinlesen lohnt sich.

Im Büro

In kaum einer anderen Einrichtung wird so rückenfeindlich gearbeitet wie im Büro. Auch wenn Vorschriften dafür gesorgt haben, dass viele Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet werden müssen, bleibt die Situation kritisch, da ein Büros noch andere, weitere Probleme xistieren, die über einen langen Zeitraum zu schweren Rückenbeschwerden führen können. Die Hauptbelastung für den Rücken auch  in einem modernen Büro ist der Bewegungsmangel, überwiegend hervorgerufen durch die lange Sitzdauer.

Die Konzentration im Büro gilt der Arbeit und nicht der Rückenhaltung - das endet mit Schmerzen. Sorgen Sie daher für optimale Bedingungen, indem sie Ihren Bürostuhl, Ihren Monitor und andere Gegebenheiten optimal auf Ihre Bedürfnisse einstellen. Geeignete Hilfsmittel sind Sitzkkissen (in Keilform), Fußablagen Hocker oder Schwenkbildschirme und ergonomische Tastaturen.

Denken Sie zwischendurch aber auch an Pausen und scheuen Sie nicht gelegentlich aufzustehen, sich zu strecken oder eine körperliche Übung zu machen. Immer Internet finden sie zahlreiche Videos zu dem Thema “Gymnastik am Arbeitsplatz”. Ein anderer guter Tipp ist, Telefongespräche nur stehend zu führen.

Ein weit verbreitetes Problem im Büro ist die Angst der Patienten, durch ihre rückenschonenden Tätigkeiten auffällig zu werden. Diese Angst sollte unbegründet sein. Ein schmerzender Rücken Ist ist ein zu hoher Preis für diese Art von Bedenken.

Bei Anstrengungen

Schnelle, unachtsame Bewegungen oder schweres Heben sind Gift für den Rücken. Achten Sie daher bei körperlicher Anstrengung immer auf Ihre Körperhaltung. Heben Sie beispielsweise nicht "aus dem Rücken", sondern nutzen Ihren ganzen Körper. Das schont die Wirbelsäule und erleichtert das Heben, da Sie deutlich mehr Muskelgruppen einsetzen. Richtiges Heben ist Technik pur!

Im Haushalt

Neben dem Büro oder dem Arbeitsplatz ist der Haushalt die  größte Versuchung für rückenfeindliches Verhalten. Ursächlich sind die vielen unterschiedlichen Tätigkeiten, für die unser Rücken nicht geeignet ist, ganz egal ob für Muskulatur oder Knochenbau. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Häuser nach den Aspekten Design und Schönheit eingerichtet sind, statt den simplen Prinzipien der Funktionalität zu folgen.

Schonen Sie Ihre Kraft und erleichtern Sie sich die Arbeit mit Hilfsmitteln: Eine Verlängerung am Besen, Staubwedel oder anderen Gebrauchsgegenständen oder kleine Leitern, Hocker und Untersetzer mit Rollen können Ihrem Rücken viel Anstrengung abnehmen. Benutzen Sie Wassersprudler statt schwere Sprudelkasten zu schleppen. Das ist billiger und gesünder.Tragen Sie schwere Einkäufe nicht in der Hand sondern nutzen Sie einen Einkaufstrolley. Und wenn bis zum obersten Stockwerk einmal gar nichts mehr geht, dann bitten Sie einfach um Hilfe.

Wie auch im Büro gilt im Haushalt: Machen sie mal eine aktive Pause. Für die Pausengestaltung bieten sich zahlreiche Videos an, die Sie unter dem Stichwort Rückentraining z.b. bei YouTube finden können. Wir empfehlen an dieser Stelle die von den Krankenkassen veröffentlichten Beiträge.

Auch zu diesem Thema bietet der bayerische Rundfunk in seiner Internetpräsenz eine ausgezeichnete Reportage mit vielen Tipps und Anregungen.

Sport und Fitness

Sport und Fitness gehören genauso zum Alltag wie Büro oder Haushalt. Zunehmend machen nicht nur Patienten sondern auch andere Personen von den zahlreichen Angeboten in ihrer Nähe Gebrauch. Bitte bedenken Sie jedoch, dass nicht alle Sportarten rückenschonend sind. Gleiches gilt für Fitnessübungen. Wenn Sie sich als unter Rückenschmerzen leidender Patient zu einem Sport oder Fitnessangebote entschließen, lassen Sie sich daher vor Beginn ihrer sportlichen Tätigkeit eingehend beraten. Selbst für professionelle Fitness Coaches ist es nicht immer einfach, Herz-Kreislauf fördernde Sportarten mit rückenschonenden Übungen wirksam zu kombinieren. Oft schließt das eine das andere aus. Von selbst entworfenen Trainingsplänen raten wir daher ab.

Im Auto oder Flugzeug

Im Auto konkurrieren drei Bedürfnisse um die richtige Sitzposition: die Sicherheit, die Bequemlichkeit und das Bedürfnis, den Rücken zu schonen. Moderne Autositze sind geeignet, alle diese Anforderungen zu erfüllen. Vorraussetzung ist jedoch die optimale, an Ihre Körpergrösse eingestellte Sitzposition. Grundsätzlich hat die Sicherheit Vorrang. Zu den Sicherheitsoptionen zählt auch, dass körperlichen Ermüdungen durch eine geeignete Sitzposition vorgebeugt wird.

Speziell für die Rückengesundheit wurden von der Industrie Lordosestützen entwickelt, die auch in preiswerten Kleinwagen zur Verfügung stehen. Nutzen Sie diese. Ein anderer wichtiger Aspekt für die Sicherheit und die Rückengesundheit sind regelmäßige Pausen mit Bewegung. Der Wechsel vom Autositz auf eine Bank an der Raststätte ist ebenso kontraproduktiv wie die weit verbreitete Angewohnheit, auf dem Parkplatz "auf einen Kaffee" im Auto sitzen zu bleiben. Für die Gestaltung der kurzen Pausen unterwegs stehen Ihnen im Netz zahlreiche Videoanleitungen zur Verfügung.

Auch im Flugzeug oder in der Bahn sind Sie nicht zur Untätigkeit verdammt. Neben Übungen auf dem Sitz empfehlen sich kurze Spaziergänge durch den Zug oder das gelegentliche Aufstehen während eines Fluges. Die richtige, für Sie geeignete Sitzposition lässt sich mit Sitzkissen, Nackenrollen und anderen Hilfsmitteln leicht herstellen. Einige Anbieter haben sich auf entsprechende Angebote spezialisiert, die sich leicht und platzsparend transportieren lassen. Bei neu auftretenden Schmerzen wenden Sie sich an Ihren Flugbegleiter.

Betreuung von Pflegebedürftigen

Immer häufiger werden pflegebedürftige Angehörige zu Hause betreut. Für die betreuenden Personen bedeutet das zum Teil erhebliche Belastungen. Nicht selten sind schwere Rückenschmerzen aufgrund der Lagerungen, des Hebens oder des Umbetten der Pflegebedürftigen die Folge dieses Engagemts.

Es ist daher dringend angeraten, sich vor der Übernahme einer solchen Verantwortung von entsprechend ausgebildeten Fachleuten beraten zu lassen. Nutzen Sie auch unbedingt alle Hilfsmittel, die Ihnen zur Verfügung gestellt werden oder die Sie auf anderen Wegen erwerben können. Scheuen sie dabei auch nicht die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Kostenträger. Keinem ist geholfen, wenn der Betreuer selbst zum Patienten wird.

Eine besondere Herausforderung ist das Heben, Umbetten oder Wenden von Patienten. Speziell für die Pflege wurden Praktiken entwickelt, die diese Tätigkeiten deutlich erleichtern und ihnen erlauben, sie rückenschonend durchzuführen. Im Internet finden Sie zahlreiche Videos zu diesem Thema. Trotzdem empfehlen wir Ihnen ganz dringend die Teilnahme an entsprechenden, manchmal von den Krankenkassen angebotenen Kursen. Richtige und gute Pflege ist, wenn unprofessionel gehandhabt, eine Belastung für den Rücken eines jeden Pflegenden. Beugen Sie Ihrer eigenen Erschöpfung vor, indem Sie sich informieren!

Soziales Umfeld, Stress und Psyche

Alle Maßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung von Rückenschmerzen sind nur wirksam, wenn sie sinnvoll in den Alltag zuhause, am Arbeitsplatz, im Verein und im persönlichen Miteinander eingebunden sind. Das ist nicht einfach und stößt bei Patienten zum Teil auf heftige Widerstände. In der Praxis häufig gehörte Sätze sind “Dann bricht dort alles zusammen” oder “Die erwarten das von mir”. Diese Selbstüberschätzung entbehrt, genau wie die Motivation zur “Selbstaufopferung” in aller Regel jeglicher Grundlage. Ihre nicht behandelten Schmerzen werden zunehmen. Am Ende einer langen Odysee von Therapeut zu Therapeut und von Maßnahme zu Maßnahme steht dann zwangsläufig Ihr Totalausfall. Damit ist niemandem geholfen, Ihnen am wenigsten.

Grundsätzlich gelten daher zwei einfache Regeln: “Halbherzig geht nicht” und “Wenn Sie zur Umsetzung der Ratschläge und Ihrer Lebensweisen Zeit und Ruhe brauchen, haben auch alle anderen in Ihrem Umfeld Pause von Ihnen”.

Nicht selten sind aber auch ungelöste Konflikte, seelische Verletzungen oder Überforderungen die Ursache dafür, es allen und jedem Recht machen zu wollen. Rückenschmerzen sind dann nur ein Symptom für ungelöste psychische Spannungen. In solchen Fällen muss - bevor es zur Erschöpfung oder zum “Burn Out” kommt - ergänzend zur orthopädischen und physiotherapeutischen Betreuung eine psychologische Aufarbeitung erfolgen.

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