11.02.18

Beim Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin wurde ein Update zur Lage der medikamentösen Therapien präsentiert.

Für die Entstehung einer Arthrose sind multiple biologische und psychosoziale Ursachen verantwortlich. Dabei geht um die Zerstörung von Knorpelgewebe und  Knorpeldestruktion und um immunologische Mechanismen iinfolge der anfänglichen mechanischen Schädigung des Knorpels. Solche Reaktionen des Immunsystems führen über die mechanische Beeinträchtigung hinaus auch zu einer enzymatischen Gelenkdestruktion im Rahmen entzündlicher Prozesse. Durch das entzündliche Geschehen kommt es zur Sensibilisierung der Schmerzfasern und der Antwort von Schmerzrezeptoren, die letztlich zu Einschränkungen von Alltagaktivitäten, Lebensqualität, Schlaf, Stimmung und sozialer Teilhabe führen. Auch wenn diese Mechanismen inzwischen gut beobachtet und verstanden sind, gibt es weiterhin wenig Hinweise auf eine gesicherte Wirksamkeit für den Einsatz von medikamentösen Interventionen.

NSAR: Nutzen-Risiko-Abwägung wichtig

Wie durch eine umfassende Netzwerk-Metaanalyse bestätigte, sind die häufig eingesetzten nicht-steroidalen Anti-Rheumatika (NSAR) zwar zur akuten Reduktion von Schmerzen geeignet, haben jedoch für eine langfristige Wirksamkeit  keine Evidenz. Weil insbesondere in der typischen Altersgruppe der Arthrosepatienten unerwünschte kardiovaskuläre und gastrointestinale Arzneimittelwirkungen zu beachten sind, wird für eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung und bei moderaten bis starken Schmerzen für einen zeitlich begrenzten Einsatz von NSAR plädiert.

Eine NSAR-Dauermedikation ist  nicht sinnvoll, auch wenn Patienten dies oft fordern oder (auch im Rahmen einer Selbstmedikation) tun.

Nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAR) sind Schmerzmittel mit schmerzlindernden, fiebersenkenden und entzündungshemmenden Eigenschaften. Sie werden für die Behandlung von Schmerzen, bei Fieber, entzündlichen und degenerativen Erkrankungen und für die Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse eingesetzt. Die Effekte beruhen auf der Hemmung der Prostaglandinsynthese durch eine Inhibition der Cyclooxygenasen. NSAR müssen aufgrund der kurzen Halbwertszeit typischerweise mehrmals täglich verabreicht werden. Es existieren jedoch auch langwirksame Vertreter. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Verdauungsbeschwerden und zentralnervöse Störungen. Alle NSAR können selten und vor allem bei einer längerfristigen Einnahme schwere bis lebensgefährliche Nebenwirkungen verursachen (Zitat: PharmaWiki  -  Gesundheit und Medizin, Schweiz).

Prominente Vertreter der NSAR sind: Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Meloxicam, Celecoxib, Phenylbutazon und Weidenrinde.

Orale Chondroprotektiva – keine klare Empfehlung

Für orale Chondroprotektiva ist die Evidenzlage widersprüchlich. In einer Metaanalyse (McAlindon TE et al. JAMA 2000; 283 (11): 1469-1475) fand sich zwar ein moderater bis starker Effekte auf den Arthroseschmerz. Allerdings ist die Qualität der eingeschlossenen Studien eher mäßig.

In einer großen Studie an Patienten mit einer Arthrose der Kniegelenke (Clegg DO et al. NEJM 2006; 354 (8): 795-808) konnte dagegen weder für 1500 mg/d Glukosaminsulfat, noch für 1200 mg/d Chondroitinsulfat, noch für die Kombination aus beiden ein Effekt gegenüber Placebo erzielt werden. Da der symptomatische Effekt weiterhin unklar bleibt, aber keine erheblichen Sicherheitsbedenken bestehen, kann der subjektiv empfundene Effektt genutzt werden. Ein in jedem Fall krankheitsmodifizierenden Effekt zu realisieren, bleibt allerdings unmöglich.

Chondroprotektiva sind Knorpelschutzmittel, die - laut Hersteller - die Knorpelzerstörung aufhalten sollen. Die Chondroprotektiva sollen knorpelabbauende Substanzen hemmen und Knorpel wieder aufbauen. Außerdem wird den Chondroprotektiva ein entzündungshemmender Effekt zugeschrieben (Zitat: www.dr-gumpert.de).

Intraartikuläre Glukokortikoide: kurzfristig bei aktivierter Arthrose

Für intraartikulär (in das Gelenk) applizierte Glukokortikoide ist ein dezenter Effekt auf Schmerz und Funktion belegt, die Qualität der Evidenz aber wiederum eher niedrig. Aufgrund der präsentierten Datenlage kann eine Therapie mit intraartikulären Glukokortikoiden bei aktivierter Arthrose mit starken Schmerzen und Ergussbildung zur kurzfristigen Schmerzlinderung sinnvoll sein wenn andere Therapiemaßnahmen nicht erfolgreich waren oder Kontraindikationen für sie vorliegen. Eine langfristige Behandlung, der Einsatz bei geringen Beschwerden und Injektionsintervalle von weniger als drei Monaten sind nicht angezeigt.

Intraartikuläre Hyaluronsäure: Therapiealternative ohne klare Evidenz

Auch für eine Schmerzreduktion und Verbesserung des Knorpelstoffwechsels durch intraartikulär applizierte Hyaluronsäure gibt es keine klare Evidenz. Die Daten sprechen für einen klinisch wenig bedeutsamen Effekt auf den Arthroseschmerz, der gegen die mit allen intraartikulären Injektionen verbundenen Risiken abgewogen werden muss. Zudem besteht aufgrund der Gewinnung aus Hahnenkämmen ein Allergiepotenzial und für Patienten eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung. Aufgrund des im Vergleich zu oralen Medikamenten erheblichen Placeboeffektes kann diese Intervention dennoch in Einzelfällen bei älteren Patienten mit geringen bis mittelgradigen Beschwerden und Kontraindikationen bzw. hohem Risiko einer NSAR-Therapie gerechtfertigt sein.

Quelle:

Text basierend auf: Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie, 24. - 27. Oktober 2017, Berlin