Orthopäden kritisieren Studie
Eine Studie der Bertelsmann Stiftung, wonach bei Rückenschmerzen zu früh und zu häufig bildgebende Verfahren eingesetzt werden, wird von Orthopäden heftig kritisiert.
In der landesweit publizierten Studie “Faktencheck Rücken” weist die Bertelsmann Stiftung als Studienherausgeber darauf hin, dass bei Patienten mit Rückenschmerzen zu früh und zu häufig bildgebende Diagnostik veranlasst wird, - vor allem bei fehlenden Hinweisen auf eine spezifische Schmerzursache.
Gegen diesen Vorwurf haben nun verschiedene Verbände von Orthopäden und Unfallchirurgen Stellung bezogen.
In einer gemeinsamen Stellungnahme betonen sie, dass Ärzte in Deutschland bildgebende Verfahren wie Röntgen, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) zur Diagnostik bei Rückenschmerzpatienten angemessen einsetzen. Dabei berufen Sie sich auf Daten der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz, Versorgungsdaten aus Arztpraxen in Baden-Württemberg sowie Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Die wichtigsten Argumente in einer Übersicht:
Die Anzahl von Behandlungsfällen mit der Diagnose Kreuzschmerz (IDC-10-Code M54) ist nach aktuellen Angaben der KBV in den Jahren 2010 bis 2015 von 41 Millionen auf 45 Millionen gestiegen. Im selben Zeitraum ist die Zahl der Behandlungsfälle mit bildgebender Diagnostik von knapp 2,8 Millionen auf 2,2 Millionen Behandlungsfälle gesunken. Bei weniger als fünf Prozent der Fälle, so betonen die Orthopäden und Unfallchirurgen, werde derzeit nach Erkenntnissen der KBV überhaupt noch eine Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule vorgenommen. Aus diesen Daten kann nicht auf eine gravierende Überversorgung von Rückenschmerzpatienten im Hinblick auf bildgebende Verfahren geschlossen werden.
Die Autoren des Faktencheck Rücken gehen davon aus, dass nur 15 Prozent der Rückenschmerzen spezifische Ursachen haben. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass degenerative Veränderungen zu 15 bis 45 Prozent Rückenschmerz auslösen.
Bei Verdacht auf einen spezifischen Rückenschmerz wird in Übereinstimmung mit den Leitlinien regelmäßig Bildgebung eingesetzt. Liegt der Verdacht auf einen nicht-spezifischen Rückenschmerz nahe, isind bildgebende Verfahren regelkonform zunächst nicht angebracht. Ist das Vorkommen spezifischer Rückenschmerzen tatsächlich häufiger als von den Autoren der Bertelsmann Studie postuliert, sind in der Konsquenz Konsequenz auch mehr bildgebende Untersuchungen wie Röntgen oder MRT angebracht. Die Vorgehnsweise entspricht den derzeit gültigen Leitlinien.
Zerstreut sich im weiteren diagnostischen Verlauf der primäre Verdacht auf einen spezifischen Rückenschmerz, ist er aus der für die Dokumentation verwendeten ICD-Codierung nicht mehr herauszulesen. Dokumentiert ist lediglich der abschließende Befund "nicht-spezifischer Rückenschmerz". Die auf dem abschliessenden Befund basierende Analyse der diagnostischen Verfahren erweckt dann folgerichtig den Eindruck, es sei trotz nicht-spezifischen Rückenschmerzes eine Bildgebung veranlasst worden.
Quellen:
Die Stellungnahme der Orthopäden und Unfallchirrgen ist in der Fachzeitschrift “Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten” (Ausgabe Februar 2017) veröffentlicht.
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Orthopäden nehmen Bertelsmann-Studie auseinander
www.aend.de