20.05.18
Ermittlung der idealen Sitzposition
Ermittlung der idealen Sitzposition (synergy-protraining)

Fahrradfahren liegt voll im Trend. Immer mehr Menschen entdecken das Rad als ideales Nahverkehrsmittel und Urlaubsgefährt, mit dem sich Ferienziele stressfrei und abseits der Hauptstrecken abenteuerreich und sportlich erkunden und erleben lassen.

Patienten mit Rückenleiden sollen sich bewegen. Sport, richtige Bewegung und Ausdauertraining sind wichtige Faktoren der Therapie und der Prävention. Was läge also näher, als sich dem boomenden Trend anzuschließen und häufiger einmal auf das Fahrrad umzusteigen?

Gegen das Rad als Sportgerät für Patienten mit Rückenschmerzen ist nichts einzuwenden. Richtig ausgeführt hat Radfahren viele positive Effekte auf die Rückengesundheit. Wer regelmäßig mit seinem Fahhrad unterwegs ist, stärkt damit die gesamte Muskulatur, trainiert Lunge, Herz und Kreislauf und schont dabei die Gelenke. Radfahren kräftigt die Rückenmuskulatur und stabilisiert die Wirbelsäule, da beim Radfahren die kleinen Stützmuskeln gestärkt werden, von denen die einzelnen Wirbelkörper umgeben sind.

Die Vorteile des Radfahrens für das Stütz- und Bewegungssystem sowie das Herz- und Kreislaufsystem können aber nur ausgespielt werden, wenn einige wichtige Regeln beachtet werden.

Regel Nr. 1: Die Sitzhaltung

Die richtige Sitzhaltung ist für rückengesundes Radfahren die Grundvoraussetzung.Sie sitzen richtig, wenn der Oberkörper leicht nach vorne geneigt ist und der Körperschwerpunkt über den Pedalen liegt. Durch die Neigung des Oberkörpers gerät die Rückenmuskulatur in Spannung und es kann mehr Kraft in die Pedale gegeben werden. Allgemein wird eine Neigung 15 bis 20 Grad empfohlen.

Stärkere Neigungen (z.B. Rennlenker) erlauben zwar eine noch größere Krafteinwirkung, belasten aber die Rückenmuskulatur. Die Neigung sollte daher nur mit zunehmendem Trainingszustand der Rückenmuskulatur verändert werden.

Regel Nr. 2: Die Knielenke schonen

Die Beine sollten beim Radfahren in der unteren Pedalposition nicht ganz durchgedrückt, sondern leicht angewinkelt sein. In der oberen Pedalposition sollte das Knie nicht mehr als 90 Grad angezogen sein. Das ist besonders wichtig, um die Kniegelenke zu schonen.

Regel Nr. 3: Handgelenke und Ellenbogengelenke schonen

Der 90-Grad-Winkel ist auch das Idealmaß für das Verhältnis zwischen Armen und Rücken, da es eine optimale Muskelbeanspruchung gewährleistet und die Handgelenke vor zu hoher Druckbelastung schützt. Die Ellbogen sollten beim Radfahren nicht durchgedrückt, sondern ebenfalls leicht angewinkelt sein.

Regel Nr. 4: Die richtige Rahmengröße

Für eine rückengesunde und gelenkschonende Sitzhaltung muss das Fahrrad zum Rückenschmerz-Patienten passen. Der Schlüssel zur Anpassung ist die Rahmenhöhe. Für die gängigsten Gebrauchsräder wie Trecking-, City- oder Crossbike gilt als Faustformel für das Ermitteln der individuell passenden Rahmenhöhe in Zentimetern die Formel Schrittlänge mal 0,66. Bei Sporträdern kann diese Formel je nach Typ etwas abweichen. Hier werden in der Regel niedrigere Rahmenhöhen als ideal angesehen.

Bitte beachten Sie, dass Faustformel nur Näherungswerte sind, die bestenfalls beim Kauf eines Rads “von der Stange” oder “aus dem Regal” Anwendung finden sollen. Idealerweise lassen Sie sich vor dem Kauf eines Fahrrades von einem wirklich kompetenten Händler beraten und vermessen, da neben der Schrittlänge auch die Körpergröße und die Proportionen von erheblicher Bedeutung sind. Das Rad kann dann nach der Festlegung aller Komponenten auf Sie angepasst bestellt oder hergestellt werden.

Regel Nr. 5: Individuelle Verstellbarkeit von Sattel und Lenker

Um Ihr Fahrrad noch einmal individuell an Ihren Körperbau und Ihre Bedürfnisse anzupassen und ein ergonomisches Sitzen zu ermöglichen, sollten Sitzhöhe, Sattelposition und -neigung sowie Lenkerhöhe und -neigung verstellbar sein. Diese “Feinjustierungen” können Kompromisse bei der Rahmenauswahl korrigieren.

Auch bei der Einstellung des Sattels und des Lenkers sollten Sie kompetente Hilfe in Anspruch nehmen.

Regel Nr. 6: Die Bandscheibe schonen

Das Fahrrad sollte über eine gute Federung verfügen, um die Stoßbelastung für die Wirbelsäule bei Bodenunebenheiten gering zu halten. Eine gute Vollfederung reduziert die Belastung der Wirbelsäule bei Stößen um etwa 35 Prozent. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass die Vollfederung die Bodenhaftung des Fahrrads erhöht und das Radfahren so sicherer macht.

Ein anderer Aspekt, der nicht unwesentlich zur Federung beiträgt, ist der Reifendruck. Benutzen Sie gute Reifen mit breitem Querschnitt und tauschen Sie die Standardventile gegen besondere Ventile, mit denen Sie die Reifen an der Tankstelle aufpumpen können. Drücke in einem guten, teuren Reifen müssen erstaunlich hoch sein. Mit einer kleinen Handpumpe macht man sich unnötig müde.

Regel Nr. 7: Sparen Sie Gewicht

Was für den Patienten gilt, zählt auch beim Fahrrad: Sparen Sie Gewicht. Das Gewicht sollte möglichst leicht sein, damit der Rücken nicht zu stark belastet wird, wenn Sie es einmal anheben müssen. Leider gilt hier die unangenehme Faustformel: “Je leichter, desto teurer!”.

Regel Nr. 8: Nie ohne Helm

Beim Aspekt Sicherheit darf der Fahrradhelm nicht fehlen: Rund 37 Prozent der bei Unfällen verletzten Radfahrer erleiden Kopfverletzungen. Steigen Sie also am besten nicht "oben ohne" aufs Rad, auch wenn Sie nur gemächlich oder auf einer ruhigen Strecke fahren möchten. Experten gehen davon aus, dass sich mehr als 80 Prozent der schweren Hirnverletzungen, die sich Radfahrer bei Unfällen zuziehen, mit einem Helm vermeiden ließen.

Regel Nr. 9: Keine Übertreibungen

Mit einem Fahrrad, das diese Voraussetzungen erfüllt, steht dem rückengesunden Radeln nichts mehr im Wege. Damit auch die Gelenke vom Radfahren profitieren, sollten Sie Ihre Radrunde für den Rücken aber langsam angehen.

Im Klartext heißt das: Während der Aufwärmphase in den ersten zehn Minuten nicht mit voller Kraft in die Pedale treten.

Generell gilt: Niedrige Gänge, bei denen die Trittfrequenz höher ist, tun den Gelenken gut, während höhere Gänge mit langsamen, kraftvollen Tritten Muskeln und Gelenke stärker belasten.

Als ideal beim Radfahren werden 80 bis 100 Umdrehungen pro Minute angesehen.

Regel Nr. 10: Geiz ist nicht geil!

Gerade bei Patienten mit Rückenschmerzen ist es wichtig, dass die Anforderungen an das “Trainingsgerät Rad” sorgfältig realisiert werden. Das ist nicht preiswert oder gar billig. Discounter, Supermärkte und leider auch einige Läden, die ihren Schwerpunkt auf das Fahrrad als ideologischen Beitrag zum Umweltschutz legen, verfügen oft nicht über die nötige Beratungskompetenz und halten ihr Angebot bewusst preiswert. Ein sinnvoll einzusetzendes Fahrrad ist auf die Person angepasst. Das gibt es nicht zum Schnäppchenpreis!

Das Rad muss an den Körper angepasst werden, und nicht der Körper an das Rad!

Quellen und Lesetipps: