30.10.17

Nach einem Oberschenkelhalsbruch oder bei einer Arthrose des Hüftgelenks ist oft ein künstliches Hüftgelenk fällig. Die Entscheidung für ein Modell kann schwierig sein.

Therapieziele

Ein Oberschenkelhalsbruch oder der Verschleiß des Hüftgelenks sind bei älteren Menschen die häufigsten Gründe für ein künstliches Gelenk. Nach einem Oberschenkelhalsbruch geht es darum, den Patienten durch das Implantat rasch wieder zu mobilisieren.  Bei Vorliegen einer Arthrose kann das künstliche Gelenk kann ein Stück Normalität zurückgeben, die vor allem durch den dann fehlenden Schmerz und die somit verbesserten Bewegungsmöglichkeiten charakterisiert sind.

Angebot

Aktuell sind verschiedene Prothesentypen und Materialien auf dem Markt. Je nach Modell werden Standardimplantate aus Stahl, Kobalt-Chrom-Legierungen, Titanlegierungen, Kunststoff und Keramik mit- oder untereinander kombiniert. Welche OP-Technik und welche Prothese für wen am besten geeignet ist, ist immer eine individuelle Entscheidung. Sie hängt unter anderem von der zugrundeliegenden Erkrankung und der Knochenqualität ab. Andere Entscheidungskriterien sind das Alter des Patienten und im moderateren Umfang die Lebensumstände (aktiv, pflegebedürftig etc.).

Technik

Das biologische, anatomische Hüftgelenk besteht aus dem Hüftkopf, dem halbkugelförmigen Abschluss des Oberschenkelhalses. Der Kopf gleitet beim Bewegen in der Hüftpfanne, einer Aushöhlung im Beckenknochen. Bei einer Prothese wird eine Form aus Metall mit oder ohne Kunststoff- oder Keramikinlay oder nur aus Kunststoff in die natürliche Aushöhlung des Knochens eingesetzt. Der natürliche Hüftkopf wird meist entfernt und durch einen Prothesenkopf ersetzt, der mit einem Metallschaft im Mark des Oberschenkels mit oder ohne Knochenzement verankert ist.

Die biologische Antwort auf die Fixierung im Knochen wird mit höherem Lebensalter schlechter. Das hat Konsequenzen für die Auswahl des Implantates und die Methode der Verankerung. Jüngere Patienten erhalten meist zementfreie Varianten mit einem Schaft aus Titan, in das der Knochen einwächst und so dem Implantat Halt gibt. Prothesen älterer Menschen werden zementiert, damit die Prothese sofort fest sitzt. Der Schaft besteht dann aus Stahl oder Kobalt-Chrom. Selbstverständlich haben diese Aussagen keinen gesetzmäßigen Charakter.

Je jünger ein Patient ist, desto länger muss die Prothese halten. Chirurgen und Orthopäden gehen derzeit von einer sogenannten Standzeit von durchschnittlich 15 Jahren aus, bevor sich das künstliche Gelenk lockert oder aus anderen Gründen ausgetauscht werden muss. Dann ist es von Vorteil, wenn das Ersatzgelenk nicht im Knochen einzementiert ist. Bei einem Wechsel muss dann der Zement herausgeschlagen werden. dabei geht auch immer Knochen verloren.

Materialien

Ebenso wichtig wie die Verankerung im Knochen oder das Material des Schaftes  ist die Frage nach dem Material der gegeneinanderreibenden, beweglichen Teile der Prothese. Diese Konstellation wird Gleitpaarung genannt. Möglich sind die konventionellen Kombinationen Metall oder Keramik mit Polyethylen sowie die Hart-auf-Hart-Gleitpaarungen Metall mit Metall und Keramik mit Keramik oder mit hochvernetztem Polyethylen. Je stärker die Prothese beansprucht wird, desto eher wird der Operateur sich für eine Hart-auf-Hart-Gleitpaarung entscheiden.

Konventionelle Paarungen haben durchaus akzeptable Verschleißraten von bis zu 20 Jahren. Eine längere Lebensdauer haben Metall-auf-Metall- sowie Keramik-auf Keramik-Gleitpaarungen. Sie werden aber mit spezifischen Risiken, zum Beispiel einem verstärkten Abrieb und einer dadurch bedingten erhöhten Konzentration von Metallionen im Blut bei Metall-Gleitpaarungen oder dem Brechen des Materials bei Keramiken, erkauft.

Gerade wegen einer erhöhten Metallfreisetzung mussten in den vergangenen Jahren schon Produkte eines bekannten Herstellers vom Markt genommen beziehungsweise bei Patienten ausgetauscht werden. Die Alternativen haben jedoch ein höheres Bruchrisiko.

Es gibt in der Fachliteratur und insbesondere in der allgemeinen Presse oder anderen Medien sehr widersprüchliche Empfehlungen und nichts, was wirklich studienbasiert wäre. So wird sehr oft etwas Falsches gedacht und empfohlen, ohne Belege dafür zu haben. Daher hat auch die in den letzten Jahren “in Verruf geratene”  Metall-auf-Polyethylen-Gleitpaarung, die schon seit den 80er Jahren im Einsatz ist, weiterhin ihre Berechtigung (Zitat: Gerhard Schillinger, Geschäftsführer Stab Medizin im AOK-Bundesverband).

Fazit

Der Mensch ist keine Maschine, bei der beliebig Ersatzteile ausgetauscht werden könnten.

Manchmal lässt sich eine Hüftgelenksarthrose auch ohne Operation in den Griff bekommen. Ansonsten bleibt die Auswahl schwierig, da sie in jedem Fall auf die individuelle Problematik und zunehmend auf die wirtschaftliche Situation im Gesundheitswesen abgestimmt werden muss.

Quelle:

  • Arthrose oder Oberschenkelhalsbruch: Welche künstliche Hüfte ist die richtige?
    Autor: dpa (auf lifeline.de)

     
Gesunde menschliche Hüfte (Ansicht von vorn)