18.07.16

Meistens beginnt es mit einer ungeschickten Bewegung, häufig in gebeugter (gebückter) Haltung. Ein Ruck, dann ein stechender Schmerz und schon geht gar nichts mehr. Es wird unmöglich oder sehr schwierig, sich gegen den Schmerz wieder aus der gebückten Haltung aufzurichten. Jede kleinste Bewegung führt zum krampfartigen Zusammenziehen der beteiligten Rückenmuskulatur, was sich sofort in neuen heftigen Schmerzen äußert.

Der Hexenschuss kommt nach Angaben der "Aktion Gesunder Rücken" sehr häufig vor. 80 Prozent der Menschen erleiden mindestens einmal in ihrem Leben eine akute Muskelzerrung im Kreuz.

Die gute Nachricht ist, dass die Schmerzen iin vielen Fällen zwar sehr quälend, aber harmlos sind. In 90 Prozent der Fälle heilt ein solcher “Hexenschuss” innerhalb von vier Wochen wieder. Die aktive Mithilfe des Patienten ist für den gewünschten Erfolg aber dringend erforderlich. (Zitat: Professor Fritz Uwe Niethard, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädie-Chirurgie).

Ursachen des Hexenschusses durch verspannte Rückenmuskulatur

Betroffen sind vor allem Menschen zwischen dem dritten und fünften Lebensjahrzehnt. Bei über 60-Jährigen kommt der Hexenschuss kaum noch vor, weil die Wirbelsäule steifer und unbeweglicher geworden ist. Als "Warnschuss" für ein Wirbelsäulenleiden will die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädie-Chirurgie den Hexenschuss oder die akute Lumbalgie, so der exakte medizinische Begriff, aber nicht verstanden wissen.

Der Hexenschuss ist kein beweisendes Symptom eines kaputten Rückens. Viel häufiger "schießt die Hexe", wenn man sich unvorsichtig bewegt, die Rückenmuskulatur ungewöhnlicher Kälte ausgesetzt oder wenn sie überbeansprucht wird. Besonders fatal ist die Kombination dieser drei Ursachen, bei ungewohnter Arbeit oder ungewohntem Sport in winterlicher Kälte beispielsweise. 

Die häufig reflexartig von Patienten oder Zeugen geäußerte Vermutung, wahrscheinlich sei ein Nerv eingeklemmt, kann zutreffen, ist aber selten. Keineswegs ist gleich ein Nerv eingeklemmt! Über 90 Prozent der Rückenschmerzen sind muskelbedingt! Begünstigend kommt hinzu, dass bei vielen Menschen die Rückenmuskulatur durch Bewegungsmangel und eine überwiegend sitzende Lebensweise schon länger geschwächt und verkürzt ist.

Wann zum Arzt?

Ein Arztbesuch ist bei einem Hexenschuss nur erforderlich, wenn die Schmerzen unerträglich sind. Im Regelfall sollte und kann man aber zwei bis drei Tage abwarten und Schmerztabletten nehmen. Erst wenn es dann nicht besser wird, ist ein Arztbesuch ratsam.

Die Zeit bis zu einem Termin bei einem Arzt und die nächsten Wochen nach einem Arztbesuch dürfen aber nicht ungenutzt verstreichen. Nichts schadet einem “verspannten Rücken” mehr als körperliche Untätigkeit. Wichtigstes Ziel in der auch selbst durchgeführten Hexenschuss-Therapie ist, dass der Betroffene schnell seine Schmerzen verliert und sich nicht weiter verkrampft. Um muskelentspannende Bewegungsübungen gegen den den Schmerz zu ermöglichen, kann der Arzt Schmerzmittel, örtliche Betäubungsmittel sowie muskelentspannende und entzündungshemmende Mittel direkt in die Rückenmuskulatur spritzen. Dem Patient ohne Arzttherapie verbleiben lediglich die Einnahme von Schmerztabletten erfolgen. 

Wenn sie nicht wissen, welche Übungen geeignet sind, dann benutzen sie das Internet. Unter dem Stichwort “Bewegungsübungen bei Rückenschmerzen” finden Sie zahlreich Anleitungen, z.B. “Übungen gegen Rückenschmerzen” des NDR.

Bei bis zu sieben Prozent der vom Hexenschuss Betroffenen werden die Schmerzen Experten zufolge chronisch. Das passiert vor allem bei jenen, die sich aus Angst vor Rückenschmerzen wenig bewegen. Durch diese Schonhaltung verspannen sich die Muskeln dauerhaft.

Wann werden Rückenschmerzen gefährlich?

Ganz anders stellt sich die Situation dar, wenn folgende Symptome beobachtet oder wahrgenommen werden können:

  • starker Kreuz- und Beinschmerz, der mit Lähmungserscheinungen am Unterleib und an den Beinen verbunden ist,
  • Kontrollverlust über Blase und Darm,
  • Taubheitsgefühle an den Innenseiten der Oberschenkel.

Diese Symptome treten beim sogenannten Reithosen-Syndrom auf, bei dem vorgefallenes Bandscheibengewebe gleich auf mehrere Nervenwurzeln drückt. Dies ist ein seltener, aber gefährlicher Notfall, bei dem nur eine ärztliche Intervention bleibende Nervenschäden verhindern kann. In den allermeisten Fällen ist nur ein Bein betroffen.

Allerdings kann der Hexenschuss auch mit Pseudo-Schmerzen einhergehen, die den Leiden beim Bandscheibenvorfall sehr ähneln. Dann sind auch die Gelenke zwischen den Wirbeln betroffen. Im Unterschied zu den Ischiasschmerzen sind sie eher bohrend und nicht stechend. Außerdem fehlen die Taubheitsgefühle und die Muskelschwäche im Bein. Die Abgrenzung gegenüber Notfällen sollte man aber unbedingt erfahrenen Diagnostikern  und Therapeuten überlassen.

Kann man Rückenschmerzen vorbeugen?

Den Rücken trainieren und den Rücken stärken. Das ist ganz entscheidend. Lassen Sie sich nicht vom Schmerz diktieren, ob und wie Sie sich bewegen sollen und warten Sie nicht auf den nächsten Stich im Kreuz. Wer aktiv Bewegung sucht, die Muskeln am Rücken stärkt und lernt, den Stress abzubauen, beugt Rückenschmerzen vor. Haben Sie akute Beschwerden, sollten Sie Ihren Arzt fragen, ob und welche Übungen für Sie geeignet sind.

Bitte beachten Sie zu diesem Thema auch unseren Beitrag "Rückenschmerzen vorbeugen".

Quelle.

Die Interviews mit Professor Fritz Uwe Niethard, dm Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädie-Chirurgie, führte G. König von der Zeitung "Die Welt"