07.05.17

Wörter, Begriffe und Versuche von Definitionen

Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Behandlungsformen sind nicht eindeutig, da sich die sowohl die Methoden als auch die Techniken und die Ausrichtungen häufig überlappen oder sogar identisch sind.

Erschwert wird eine eindeutige Abgrenzung auch dadurch, dass zu jeder genannten Behandlungsformen viele weitere Einteilungen (Schulen) existieren und die Begriffe in verschieden Ländern, insbesondere im angelsächsischen Raum, sehr unterschiedlich definiert sind.

Manuelle Therapie, manuelle Medizin, Chiropraxis und Chirotherapie

Immer wenn die Hände zur Untersuchung und Behandlung eingesetzt werden, kann man von einer manuellen Behandlung sprechen. Dieser Begriff ist,  jedenfalls in Mitteleuropa,  weder nur für eine bestimmte Form der Therapie reserviert noch sagt er etwas über die Ausbildung des Behandelnden aus. Nach diesem Verständnis dürfte die manuelle Therapie in etwa so alt sein, wie die Menschheit selbst.

Bei der manuellen Medizin hingegen handelt es sich in Deutschland um eine Behandlungsform, die Ärzten vorbehalten ist, die eine bestimmte Zusatzausbildung absolviert haben. Sie wird hierzulande (und in anderen Staaten) auch Chirotherapie genannt . Die Chirotherapie wäre demnach eine Teilmenge der manuellen Medizin.

Während also die Chirotherapie von Ärzten ausgeübt wird, dürfen sich Heilpraktiker, aber auch andere Nichtärzte mit einer Zusatzausbildung in manuellen Handgrifftechniken Chiropraktiker nennen, sie üben Chiropraktik (oder Chiropraxis) aus.

Osteopathie: Andere Länder andere Sitten

Die Begriffe Osteopathie, osteopathische Medizin und osteopathische Behandlung beschreiben im Bereich der Alternativmedizin verschiedene Krankheits- und Behandlungskonzepte. In Europa werden darunter unterschiedliche befunderhebende und therapeutische Verfahren verstanden, die manuell, also mit den bloßen Händen des Behandlers, ausgeführt werden. Nach dieser Definition wird auch die Osteopathie zur Teilmenge der manuellen Medizin.

In den USA ist die Situation grundsätzlich anders. Im angloamerikanischen Sprachraum, speziell in den USA, steht der Begriff "osteopathy" für ein Diagnose- und Therapiekonzept, das auf den US-amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still zurückgeht. Still prägte 1885 auch den Begriff osteopathy. Stills Konzept beruht zumindest teilweise auf Annahmen, die im Widerspruch zu modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Die ebenfalls in den USA existierende Ausbildung zum "Osteopathischen Arzt" (D. O., Doctor of Osteopathic Medicine) orientiert sich allerdings wieder an der wissenschaftlichen Medizin.

International ist, wie bereits erwähnt, die Begriffsabgrenzung schwierig, da in verschiedenen Ländern unterschiedliche Berufsgruppen verschiedene Behandlungsformen als Osteopathie bezeichnen und darüber hinaus auch die Lehre uneinheitlich ist. So werden auch verschiedene Zertifikate und Diplome in diesem Bereich verliehen. Weltweit betrachtet, wenden (Fach-)Ärzte (im europäischen Sinne), Doctors of Osteopathy (D. O., USA), nichtärztliche Osteopathen (vergleichbar mit dem deutschen Heilpraktiker – z. B. England), Heilpraktiker, Physiotherapeuten, Masseure, Diplomsportlehrer und andere nichtmedizinische Berufsgruppen Osteopathie an.

Zwischen Europa und Nordamerika werden unterschiedliche Definitionen von Osteopathie verwendet. In den USA wird die Osteopathie als eigenständiges Behandlungskonzept gesehen, welches auch auf eigenen, teilweise im Widerspruch zu modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen stehenden Theorien basiert. Trotz dieser Unterschiede sind die wichtigsten manuellen Techniken identisch, werden jedoch nach unterschiedlichen Prämissen angewendet.

Die berufs- oder gewerbsmäßige Heilkunde ist in Europa nur approbierten Ärzten erlaubt, in Deutschland nach § 1 Heilpraktikergesetz auch den Heilpraktikern. Das gilt auch für alternative Heilmethoden wie die Osteopathie. Die Anwendung delegierbarer manual-therapeutischer Leistungen ist in Deutschland im Sozialgesetzbuch verankert, d.h. ein Arzt darf zu einem anderen anerkannten Therapeuten überweisen.

Da "Osteopathie" in Deutschland kein Begriff der Umgangssprache ist, muss seine Bedeutung erklärt werden, sollte er zu Werbezwecken im Gesundheitswesen benutzt werden.

In Hessen gibt es befristet eine Weiterbildungs- und Prüfungsordnung im Bereich der Osteopathie (WPO-Osteo). Ansonsten ist die Berufsbezeichnung "Osteopath" im deutschen Gesundheitswesen rechtlich nicht zulässig. Die Verwendung von "Osteopath" als Berufsbezeichnung kann abgemahnt werden, wird aber meistens toleriert. Da es außer in Hessen keine staatliche Regelung der Ausbildung und Berufsbezeichnung gibt, hat ein in Deutschland erworbener oder vergebener Titel keine rechtliche (juristische) Bedeutung, was aber wiederum keine Rückschlüsse auf die “medizinisch therapeutische Bedeutung” zulässt (Stand 2014).

Wege aus dem Dilemma

Als Ausweg aus dem Dilemma bieten sich Universitäten außerhalb von Deutschland an, an denen man einen Master of Science oder einen Doktorgrad in Osteopathie erwerben kann. Aufgrund des Bologna-Abkommens und zwischenstaatlicher Abkommen dürfen diese Bezeichnungen natürlich auch in Deutschland geführt werden. Eine Berufszulassung als Osteopath ist im deutschen Gesundheitswesen damit jedoch nicht verbunden.

Die Verwendung von Abschlusstiteln der deutschen und ausländischen Colleges, Fachhochschulen, Universitäten und Hochschulen unterliegt dem Hochschulrahmengesetz (HRG) bzw. den Hochschulgesetzen der Bundesländer.

Die Verwendung des Begriffs "Diplom" ist in Deutschland nur für die Abschlüsse an Fachhochschulen und Universitäten erlaubt. Ausländische Titel müssen von den Regierungspräsidien anerkannt werden. Dies gilt auch für den professional degree (Fachabschluss-Titel) des amerikanischen D.O.

Die Zeiten ändern sich

Mittlerweile bieten auch einige deutsche Osteopathie-Schulen, zum Teil in Zusammenarbeit mit Universitäten, einen Abschluss als Bachelor of Science an. Gleiches gilt auch für private Universitäten wie die Dresden International University mit dem Abschluss als Master of Science.

2011 wurde erstmals in Deutschland eine Professur im Fachgebiet der Osteopathie an Dietmar Daichendt, den Präsidenten der DGCO, verliehen sowie 2015 von der Steinbeis-Hochschule Berlin erstmals eine Universitäts-Professur für "Osteopathische Medizin" eingerichtet.

Ob an diesen Fachhochschulen das wissenschaftliche amerikanische, das alternative amerikanische oder ein europäisches Modell vermittelt wird, konnte an dieser Stelle nicht sicher eruiert werden.

Chiropraxis in Deutschland

In Deutschland bestehen auch keine speziellen Regelungen für die Ausübung des Berufs "Chiropraktor". Zur Ausübung des Berufs des Chiropraktors oder des Therapiefachs Chiropraktik muss man entweder Arzt oder Heilpraktiker sein (siehe Heilpraktikergesetz, 1. Durchführungsverordnung). Im Ausland qualifizierte Chiropraktoren müssen daher eine Heilpraktikererlaubnis erlangen, um in Deutschland zu praktizieren. In der Praxis haben Behörden regelmäßig dafür aber eine umfassende Kenntnisprüfung verlangt. In der jüngeren Vergangenheit haben einige Verwaltungsgerichte dies beanstandet und geurteilt, dass eine Ausbildung im Ausland anzuerkennen sei.

Festzuhalten bleibt, dass sich Patienten, die die Hilfe von Chiropraktikern (Chiropraktoren) oder in Osteopathie ausgebildeten Therapeuten in Anspruch nehmen möchten, sich vorab über den Ausbildungsgang des Therapeuten informieren sollten. Die Unterschiede sind nicht unerheblich. Andere, gerne genutzte Quellen wie Informationsseiten aus dem Internet sind nur bedingt brauchbar, da die Betreiber solcher nicht selten auch Anbieter der entsprechenden Leistungen sind. Gängige Methoden der verschiedenen Therapiekonzepte, einschließlich der schulmedizinischen Orthopädie, werden dort oft als Alleinstellungsmerkmal des eigenen Dienstleistungsangebots angepriesen. Die pauschale Ablehnung anderer, insbesondere schulmedizinischer Konzepte auf solchen Werbeseiten ist gelegentlich in ihrer Argumentation nicht nachvollziehbar.

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