19.01.15
Moderner Kraftraum (Olivier Barea)
Moderner Kraftraum (Olivier Barea)

Die Situation ist paradox: Mit fortschreitendem Alter nimmt unser Körpergewicht, das von unserem Stütz- und Bewegungsapparat getragen werden muss, tendenziell zu, während die mit den Aufgaben Bewegung und Tragen des Körpergewichts beauftragte Muskulatur ständig abnimmt und durch Bindegewebe und Fett ersetzt wird.

„Alt und stark“ galten daher eben so wie „alt und fit“ lange Zeit als Widerspruch. Eine Annahme, die in der Überzeugung gipfelte, dass mit zunehmendem Alter auch eine zunehmende, vor allem körperliche Schonung angesagt wäre. Bewegung, Sport und vor allem Muskeln aufbauendes Krafttraining galten daher lange Zeit als obsolet oder gar gesundheitsschädigend.

Der Wandel kam in den Siebzigern, als mit groß angelegten Kampagnen eine Fitnessbewegung gestartet wurde, die auch Sport und Bewegung für ältere Menschen propagierte. Dabei stand allerding der Nutzen für das Herz-Kreislauf-System ganz im Vordergrund der Aufklärung. Mittlerweile setzten sich langsam auch die moderneren Erkenntnisse über den Wert eines die Muskulatur aufbauenden Krafttrainings durch, das sicher auch älteren Menschen zu Gute kommt.

So konnte in den letzten Jahren nachgewiesen werden, dass sowohl körperlich eingeschränkte als auch gesunde, ältere Menschen durch gezieltes Krafttraining mehr Muskelkraft erreichen. Studien in Alten- und Pflegeheimen konnten nachweisen, dass – bei entsprechender Ausgangslage – Kraftzunahmen von bis zu 100% möglich sind. Ein Effekt, der sich in Kombination mit der gleichzeitig erworbenen verbesserten Leistungsfähigkeit und einem eventuell zusätzlichen Koordinationstraining vor allem in der Prävention von Rückenschmerzen positiv auswirkt.

Krafttraining ist demnach entgegen einer weit verbreiteten Meinung nicht nur Mittel zum Zweck für wenige Bodybuilder, sondern auch geeignet, die Mobilität und die Gesundheit älterer Menschen zu erhalten. Insbesondere in der Vorbeugung, Therapie und Rehabilitation von Rückenschmerzen hat das Krafttraining seinen festen Platz gefunden.

Sollen ältere Menschen anders trainieren?
Nicht unbedingt! Allerdings gibt es aufgrund sich im Alter verändernder Körperfunktionen  einige Regeln, die beachtet werden sollten. Sehnen, Muskeln und Bänder sind im Alter weniger elastisch, weniger flexibel. Ein Trainingsprogramm zum Aufbau der Muskulatur muss daher langsamer und sanfter beginnen, als es bei Jugendlichen möglich, wenn auch nicht unbedingt sinnvoll wäre. Die Einstiegsphase eines Trainingsprogrammes dauert also etwas länger. Die maximal ohne Komplikationen angestrebte, „vernünftige“ Muskelkraft liegt etwas niedriger. Insgesamt ist aus den genannten Gründen ein individuell angepasstes, professionell betreutes Training immer empfehlenswert.

Fazit
Die Steigerung der Muskelkraft durch regelmäßiges, vorzugsweise unter Anleitung durchgeführtes Krafttraining ist eine gute Maßnahme, um Rückenschmerzen bis ins hohe Alter vorzubeugen. Gleichzeitig verbessert es die allgemeine Leistungsfähigkeit und, im entsprechendem Rahmen durchgeführt, den sozialen Kontakt. Somit wird neben der Rückenmuskulatur auch die Lebensqualität gesteigert.

An wen kann ich mich wenden?
Neben zahlreichen privaten Einrichtungen wie beispielsweise „Kieser-Training“ haben mittlerweile auch institutionelle Rehabilitationszentren entsprechende Kraft- oder Muskeltrainingsprogramme im Angebot. Einige Krankenkassen oder Landessportbünde (LSB) bieten entsprechende Gesundheitsprogramme an. Eine Nachfrage bei dem Gesundheitsberater Ihrer Krankenkasse, Ihrem Orthopäden oder anderen Ansprechpartnern vor Ort lohnt immer.