15.08.16

Jeder zweite Patient hält sich nicht an das vorgegebene Einnahmeschema. Hauptgrund für die mangelnde Therapietreue ist Vergesslichkeit. Daneben spielt die bewusste Abweichung vom verordneten Therapieplan.eine große Rolle. Die planmäßige Einnahme der verordneten Medikamente wird gewollt in Frage gestellt, angezweifelt oder bei akuten Beschwerden wie Schmerzen willkürlich auf den aktuellen Bedarf angepasst. Vor allem Arthrose-Patienten gehören zur Gruppe der "bewussten Therapieabweichler"‘.

Der Therapieerfolg von Schmerzmitteln bei Arthrose-Patienten ist stark abhängig von:

  1. welche Schmerzmittel eingenommen werden
  2. welche Dosierungen eingenommen werden

Patienten, die trotz Schmerzmittel weiterhin an Arthrose-Schmerzen leiden, erhalten entweder nicht die richtige Therapie oder nehmen ihre Medikamente falsch ein.

Vermutete Gründe für die fehlende Therapietreue nach Umfrageergebnissen

Faktor Zeit

Arthrose-Patienten, nehmen ihre Schmerzmittel häufig in geringer Dosierung in größeren Zeitabständen als vereinbart ein, selbst wenn sie unter starken Schmerzen leiden.Auffällig ist, dass die Patienten andere verordnete Arzneimittel gegen weitere chronische Erkrankungen vorschriftsmäßig einnehmen.

Zudem sehen Patienten davon ab, entsprechende Mittel vor Aktivitäten einzunehmen, die erfahrungsgemäß zu Schmerzen führen werden– auch wenn sie diese Möglichkeit mit dem Arzt abgesprochen haben. Manche ziehen es stattdessen vor, sich zu schonen und Schmerzen verursachende Tätigkeiten zu vermeiden. Dass sie durch dieses Verhalten ihr Sozialleben und ihre körperliche Beweglichkeit einschränken, nehmen sie in Kauf.

Aufbewahrung und Rationierung

Ein weiterer Grund für die schlechte Therapietreue liegt in der Aufbewahrungstechnik für Schmerzmedikamente. Schmerz Patienten bewahren häufig ihre Schmerzmittel nicht wie die anderen Arzneimittel für den Langzeitgebrauch in Dispensern (“Pillenboxen”) auf. Das bedeutet, sie handhaben ihre Schmerzmittel so, als wären sie Medikamente für den kurzzeitigen akuten Einsatz.

Einige Patienten berichten sogar davon, dass sie ihre Schmerzmittel rationieren – besonders dann, wenn der Packungsinhalt zu Ende geht. Interessant ist, dass solche Patienten lediglich ihre Schmerzmittel rationieren, nicht jedoch die anderen Medikamente.

Dosierungen und Ängste

Die meisten Patienten nehmen nicht gerne Arzneimittel ein. Sie sehen es als unschädlich an, verordnete Schmerzmitteldosierungen nach eigenem Ermessen zu verringern. Sie gehen im Regelfall davon aus, dass eine zu hohe Dosis ein Problem darstellt.

Dass Patienten Dosis und Einnahmehäufigkeit des Schmerzmittels herabsetzen, weist darauf hin, dass Patienten eine Arthrose im Gegensatz zu anderen Erkrankungen nicht als lebensbedrohlich einstufen.

Die Angst vor Nebenwirkungen hat ebenfalls Auswirkungen auf die Art und Weise der Medikamenteneinnahme. Viele Patienten fürchten, sich an “starke” Schmerzmittel zu gewöhnen oder abhängig zu werden, wenn die Einnahme über einen längeren Zeitraum erfolgt. Offen ausgesprochen wird diese Befürchtung in der Regel nicht. Stattdessen erklären Patienten gerne , ihr Schmerzmittel lindere die Beschwerden unzureichend. Diese Wirkungseinschränkung überrascht nicht, wenn man bedenkt, dass solche Patienten eine nicht ausreichende Dosis einnehmen.

Schlecht auf die Therapietreue wirken sich auch zunehmende Begleiterkrankungen der Arthrose und komplizierte Einnahmeschemata mit kombinierten, häufigen oder hohen Medikamentendosen aus.

Persönliches und Soziales

Wissenschaftler weisen zusätzlich auf wesentliche, in der Persönlichkeit liegende Gründe für das Verhalten von Patienten hin. Zum einen erklärten die durch ihre Erkrankung deutlich beeinträchtigten Patienten beispielsweise, ihre Schmerzen als nicht so stark wahrzunehmen. Oder aber sie verglichen ihren Gesundheitszustand mit der Gesundheit anderer Patienten und kommen dabei zu dem Schluss, dass es ihnen noch verhältnismäßig gut gehe.

Andere Patienten betrachteten Schmerzen als Teil des Lebens, der auszuhalten sei, sehen in der Einnahme von Schmerzmitteln ein Zeichen von Schwäche oder machen den Fehler, das Medikament nur einzunehmen, wenn ihre Schmerzen sehr stark werden. Diese Patienten betrachten die Schmerzmittel nicht als Bestandteil ihrer Langzeitbehandlung.

Sonderfall ältere Frauen

Ältere Frauen halten sich eher an Empfehlungen des Arztes. Vor allem ältere Frauen, die ihren Gesundheitszustand gut erfassen können und denen entsprechendes Wissen über die Therapie vermittelt wurde, nehmen Medikamente zuverlässig ein.

Fazit

Arthrose-Patienten wird geraten, sich bei der Einnahme von Schmerzmitteln an die Vorgaben des Arztes zu halten – sowohl hinsichtlich der Dosierung als auch des Einnahmezeitpunktes, denn nur so kann eine wirksame Schmerztherapie auf Dauer gewährleistet werden. Durch die Schmerztherapie wird dem Patienten die Möglichkeit eingeräumt, weiter mobil zu bleiben und dadurch vorbeugend auf die Arthrose einzuwirken.

Quelle:

  • Dr. V. Stahl: Bewusst untertherapiert. Warum Arthrose-Patienten ihre Schmerzmittel nicht nehmen, Deutsche Apotheker Zeitung, 154. Jahrgang Nr. 15 arthrose-journal.de WHO. Adherence to long-term therapies: evidence for action.20013 http://www.who.int/chp/knowledge/publications/adherence_report/en/ Sale JME et al., Arthritis & Rheumatism (Arthritis Care & Research). 2006; 55(2):272-278