31.08.15
Osteoporose bei Tumorpatienten
Tumor und Osteoporose
Die Übelebenschancen von Krebspatienten sind in den letzten Jahren gestiegen. Moderne Tumortherapien beinhalteen jedoch die Gefahr, dass zusätzlich zum altersbedingten Verlust der Knochenmasse die verwendeten Therapeutika-eine Osteoporose induzieren. Die Osteoporose als mögliche Komplikation ist zumeist durch eine frühe Diagnose vermeidbar und oft gut zu behandeln. Voraussetzung dafür ist verbesserte Aufmerksamkeit der Onkologen für diese Langzeitkomplikation und das Basiswissen zum Thema Osteoprotektion („Knochenschutz“).
Osteoporosen, die auf der Basis einer Erkrankung entstehen oder durch Medikamente induziert sind, werden unter dem Oberbegriff „sekundäre Osteoporosen“ zusammengefasst. Im Unterschied dazu zählen die postmenopausale Osteoporose wie die senile Osteoporose, von der auch Männer betroffen sind, zu den primären Osteoporosen. Bei vielen älteren Patienten treten auch beide Formen gleichzeitig auf. Die primäre Osteoporose wird durch eine sekundäre Osteoporose verstärkt.
Therapien im Rahmen einer Tumorerkrankung führen daher gelegentlich zu sekundären Osteoporosen. Zusätzlich können sowohl reduzierte körperliche Aktivität, Immobilisierung als auch Übelkeit, Mangelernährung und direkte Effekte des Tumors zu einer Reduktion der Knochenmasse führen.
Insbesondere die medikamentöse Tumortherapie muss als eigenständiger Risikofaktor gesehen werden. Zahlreiche Chemotherapeutika können den Knochen direkt schädigen, auch ohne dass es zur Ausschaltung der Aktivität der Keimdrüsen mit reduzierter oder ausbleibender Östrogenbildung kommt.
Bei Patienten mit hormonempfindlichen Tumoren ist der Hypogonadismus (Unterfunktion der hormonproduzierenden Keimdrüsen) mit Ausschaltung der Hormonproduktion sogar erklärtes und erwünschtes Therapieziel. Beim Mammakarzinom werden beispielsweise drei Formen der Therapie eingesetzt, die den Östrogenhaushalt massiv beeinflussen: Die Blockade von Hormonrezeptoren (Tamoxifen), die Ausschaltung der Gonaden durch Ovarektomie (Entfernung der Eierstöcke) oder der komplette Östrogenentzug durch bestimmte Medikamente (Aromatasehemmer) bei der postmenopausalen Patientin bzw. unter der Kombination von Kastration und Aromatasehemmern in der prämenopausalen Situation.
Entsprechend kommt es bei männlichen Patienten mit Prostatakarzinom zu ähnlich deletären Effekten am Knochen.
Prävention
Präventive (vorbeugende) Maßnahmen sind schon bei „gesunden“ Patienten schwer durchsetzbar. Bei Tumorpatienten stellt sich die Situation noch einmal schwieriger dar. Die Empfehlungen zur Prävention eines Knochenmasseverlusts durch eine Tumortherapie folgen den Leitlinien des Dachverbandes Osteologie (DVO) von 2014. Ziel einer sinnvollen Prophylaxe ist die Verbesserung der Knochendichte und Knochenqualität durch eine Veränderung der Lebensweise des Patienten. Dieses Ziel ist bei Tumorpatienten oft nur sehr schwer zu erreichen, da manche onkologischen Patienten zur Änderung ihrer Lebensweise nicht mehr fähig sind oder der Anreiz zur Motivation fehlt.
Wie bei anderen Osteoporosepatienten auch, sind körperliche Aktivität und Sport von größter Bedeutung, wobei Belastungsübungen mit Gewichten noch wichtiger sind als Ausdauerübungen. Koordinationstraining kann helfen, Stürze zu vermeiden. Vermeidung von Untergewicht (BMI<20) ist ebenso hilfreich wie Vermeidung von Nikotin und Reduktion des Alkoholkonsums.
Fazit
Voraussetzung für die Prävention und Therapie einer Osteoporose im Rahmen einer Tumorbehandlung ist eine verbesserte Aufmerksamkeit der Onkologen für diese Langzeitkomplikation, das Basiswissen zum Thema Osteoprotektion (Knochenschutz) und die Bereitschaft interdisziplinär zusammen zu arbeiten. Durch frühe Diagnose und konsequente Therapie und Prophylaxe können Frakturen, Knochenschmerzen und Invalidität reduziert oder gar vermieden werden.
Quelle:
Der vorliegende Artikel ist eine kurze Zusammenfassung von „Osteoprotektion in der Onkologie„ aus der Zeitschrift: best practice onkologie 2015/2, publiziert am: 25.4.2015 17:30 Autor: Prof. Dr. med. Ingo J. Diel Quelle: Springer Medizin-Verlag (2015) DOI: 10.1007/s11654-015-0157-x