27.06.16

Neben den klassischen Schmerzmitteln finden auch andere Medikamente Eingang in die Therapie der Rückenschmerzen. Sie wirken spezifisch auf körperliche Veränderungen, die nachweislich mit der Entstehung oder Chronifizierung von Rückenschmerzen assoziiert sind.

Schmerztherapie kann durch weitere Medikamente ergänzt, respektive erweitert werden. Die Wirksubstanzen in solchen Medikamenten können Angst, Anspannung und Niedergeschlagenheit lindern. Ebenfalls möglich ist die Modulation der Schmerzverarbeitung im Gehirn zur Vermeidung der Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses.

Das Schmerzgedächtnis wird heute eine zentrale Bedeutung bei der Chronifizierung von Schmerzen beigemessen. Die sensiblen Nervenzellen im Schmerzzentrum des Gehirns sind genauso lernfähig wie das Großhirn. Wenn sie immer wieder Schmerzimpulsen ausgesetzt sind, verändern sie ihre Aktivität und somit ihre „Sensibilität“. Jetzt reicht schon ein leichter, sensibler Reiz, wie eine Berührung, Wärme oder Dehnung aus, um als Schmerzimpuls registriert und als unangenehm empfunden zu werden. Das bedeutet: Selbst ohne eigentlichen Auslöser entsteht die Wahrnehmung von Schmerz. Aus dem akuten Schmerz ist ein chronischer Schmerz geworden.

Die therapeutische Konsequenz aus dieser Erkenntnis ist die präventive Schmerzbetäubung (Schmerzausschaltung, Analgesie). Ein Schmerzgedächtnis soll gar nicht entstehen. Eine vorausschauende Schmerztherapie könnte die Entstehung eines Schmerzgedächtnisses verhindern. Damit ist das populäre Dogma der möglichst langen „tablettenfreien“ oder „chemiefreien“ Therapie nicht mehr uneingeschränkt vertretbar.

Antidepressiva

Trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin oder Trimipramin wurden ursprünglich zur Therapie von Depressionen entwickelt. In geringerer Dosis können diese Substanzen auch bei Kopf- und Nervenschmerzen eingesetzt werden, der Entwicklung eines Schmerzgedächtnisses entgegenwirken und Schlafstörungen bessern.

Bis die Wirkung eintritt, müssen Antidepressiva über mehrere Wochen eingenommen werden, manchmal tritt allerdings überhaupt keine Wirkung ein.

Neuere Antidepressiva vom Typ SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) haben zwar weniger unerwünschte Nebenwirkungen wie z. B. Mundtrockenheit oder Gewichtszunahme, konnten aber bisher die Erwartungen im Bereich der Schmerztherapie noch nicht ausreichend erfüllen.

Antidepressiva - hier vor allem die Trizyklika - sind seit langem ein Bestandteil des WHO-Stufenschemas zur Behandlung von Patienten mit dauerhaften Schmerzzuständen. Besonders bei Krebspatienten haben sich die Antidepressiva als wichtige Hilfsstoffe in der Schmerztherapie bewährt.

Antidepressiva bieten viele Möglichkeiten. Dauerhafter Schmerz kann depressiv machen. Umgekehrt können Depressionen jedoch auch Schmerzen verursachen. In beiden Fällen können Antidepressiva eingesetzt werden. Auch bei rein organischen Schmerzen können sie eine Hilfe sein.

Antiepileptika

Antiepileptika wie Carbamazepin, Gabapentin oder die neueren Substanzen Lamotrigin und Pregabalin, wurden ursprünglich zur Behandlung der Epilepsie entwickelt, teilweise haben sie sich aber auch als sehr wirksam gegen Nervenschmerzen bewährt.

Zur besseren Verträglichkeit muss die Dosis über einen längeren Zeitraum in kleinen Schritten so lange erhöht werden, bis die Zieldosis erreicht ist. Erst dann kann der Arzt feststellen, ob das Medikament die Schmerztherapie unterstützt.

Antiepileptika verhindern, dass es zu sehr starken elektrischen Entladungen in den Nervenbahnen kommt.

Muskelrelaxantien

Muskelrelaxantien oder Muskelrelaxandierende Mittel  sind Muskelentspannungsmittel. Wer Schmerzen hat, versucht diese oft durch Schonhaltung und ausweichende Bewegungen zu vermeiden. So entstehen Verkrampfungen und Fehlhaltungen, die die Schmerzen auf Dauer eher noch verstärken. Muskelentspannungsmittel lösen diese Verkrampfungen.

Benzodiazepine wie Diazepam (z.B. Valium ®) oder Tetrazepam wirken entspannend und schmerzlindernd; außerdem werden sie als Schlafmittel eingesetzt. Allerdings bergen sie ein Suchtpotenzial und sollten deshalb nur kurzfristig angewandt werden.

Ein neueres Präparat ist das Methocarbamol (Ortoton®), das ein geringes Suchtpotenzial bei guter Verträglichkeit bietet. Es wird vor allem bei Schmerzen gegeben, deren Ursache Muskelverspannungen sind, scheint aber auch andere Schmerzsyndrome zu lindern. Außerdem wirkt es möglicherweise der Ausbildung des Schmerzgedächtnisses entgegen.

Sogenannte zentral wirksame Muskelrelaxantien werden zur Behandlung von schmerzhaften Muskelverspannungen (z.B. an der Wirbelsäule) eingesetzt.

Sie werden oft in Kombination mit Schmerzmitteln verordnet. Ihre entkrampfende Wirkung an den betroffenen Muskeln führt gleichzeitig zu einer Schmerzreduzierung. Zum Einsatz kommen dabei sogenannte Benzodiazepine.

Glukokortikoide

Kortison hemmt die Entzündungsreaktionen, wie sie bei allen rheumatischen Erkrankungen vorkommen, und lindert zudem durch seine abschwellende Wirkung z. B. bei Bandscheibenvorfällen die Schmerzen. Allerdings hat Kortison (oder genauer gesagt die gesamte Medikamentengruppe der Glukokortikoide) teils schwere Nebenwirkungen, insbesondere dann, wenn es über längere Zeit angewendet wird.

Diese Nebenwirkungen  können allerdings stark reduziert werden, wenn die Anwendung lokal, außerhalb der Blutbahn erfolgt, z. B. nur im betroffenen Gelenk. Werden Glukokortikoide an der Wirbelsäule angewendet, spricht man von einer periradikulären Therapie oder Facettentherapie.

Glukokortikoide greifen hemmend in den Schmerzkreis ein und unterbinden die Entzündung, indem sie die Ausschüttung von Entzündungsstoffen hemmen.