14.10.14

Die in den aktuellen Leitlinien der Arthrosegesellschaft OARSI vorgelegte Neubewertung bewährter und neuer patientenorientierter Therapiestrategien überrascht an einigen Stellen. Lediglich eine Empfehlung bleibt weitgehend unverändert: Die wirksamste Therapie ist Sport!

Konsens ist, dass die Therapie einer Kniegelenksarthrose patientenorientierter als bisher ablaufen soll. Das Bedeutet, dass neben einer Basistherapie für alle Patienten verschiedene Therapiepakete für den jeweils unterschiedliche Patiententypen empfohlen werden. Die Leitlinien der OARSI (Osteoarthritis Research Society International) differenzieren demnach vier Patiententypen:

  1. Patienten, die ausschließlich an einer Kniegelenksarthrose leiden
  2. Patienten mit Gonarthrose und weiteren gesundheitlichen Erkrankungen wie Diabetes, Hypertonie und kardiovaskulären Risikofaktoren
  3. Patienten mit Arthrose am Kniegelenk und gleichzeitig an anderen Gelenken (Hüfte, Wirbelsäule, Händen)
  4. Patienten mit Arthrose an multiplen Gelenken und anderen Komorbiditäten (Begleiterkrankungen)

Die Leitlinien empfehlen teilweise sehr detailliert, was für welchen Patiententyp geeignet ist. Dabei spieltauch das Krankheitsstadium eine wichtige Rolle(Frühstadium, Spätstadium).
Typenübergreifende Empfehlungen sind beispielsweise Bewegung  - die Leitlinien heben explizit den Stellenwert von Spazierengehen und Tai Chi hervor - und Gewichtsverlust.

Solche auf alle Patiententypen und in allen Stadien anwendbare Maßnahmen werden unter dem Begriff  Basistherapie zusammengefasst. Das OARSI-Komitee definiert fünf Elemente der Basistherapie:

  1. Bewegungsmaßnahmen (etwa Spazierengehen)
  2. Gewichtsmanagement
  3. Krafttraining und Wassergymnastik
  4. Selbstmanagement
  5. Patientenschulungen

Im Unterschied zu vorherigen Leitlinien geben sich die neuen Empfehlungen ungewöhnlich praxisnah. „Obwohl Patienten mit Gelenkproblemen das zunächst vielleicht nicht nachvollziehen können, führt das einfache Spazierengehen als zentrale Maßnahme nach wie vor zu erheblichen Besserungen der Beschwerden. Körperliche Bewegung ist zudem als Therapiemaßnahme auch für die häufigen chronischen Begleiterkrankungen essenziell“, so die Autoren der Leitlinie.

Auch die Angaben machen der  Experten unter zum Gewichtsmanagement sind ungewöhnlich genau: Zur Besserung von Arthrosebeschwerden ist ein fünfprozentiger Gewichtsverlust innerhalb von 20 Wochen erforderlich.

Vollständig neu in den OARSI-Leitlinien ist die Empfehlung für die Balneotherapie mit warmen Mineralsalzbädern.

Beispiele für Therapieempfehlungen im Einzelnen:

  • Paracetamol

Im Gegensatz zu den letzten Leitlinien wird das Analgetikum Paracetamol u.a. wegen Risiken abgewertet und als „uncertain (unsicher)“ klassifiziert, zumindest für Patienten mit Komorbiditäten (Begleiterkrankungen), obwohl es von zahlreichen Fachgesellschaften immer noch als Mittel der ersten Wahl zur symptomatischen Behandlung der Osteoarthritis (OA) des Knies empfohlen wird.

Grundlage für die geänderten Empfehlungen der OARSIS Leitlinie sind Ergebnisse einer Studie von Maxime Dougados et al.  Sie ließen den Schluss zu, dass keine Wirkung von Paracetamol bei Patienten mit Osteoarthritis des Knies besteht. Insgesamt wurden 779 Patienten für eine sechswöchige Behandlung mit täglich 4 g Paracetamol oder Placebo randomisiert. Primärer Endpunkt war eine 30-prozentige Abnahme der allgemeinen Schmerzintensität des Knies. Nach den sechs Wochen unterschied sich der analgetische Effekt von Paracetamol nicht signifikant von dem des Placebos. Zwar war die Studie mit fast 800 Patienten ausreichend groß angelegt, doch daraus die Aussage abzuleiten, Paracetamol sei bei Gelenkschmerzen gänzlich unwirksam, geht selbst den Studienautoren zu weit.

  • Nicht stereoidale Antirheumatika als Schmerzmittel

Die Leitlinien empfehlen NSAR oral oder als Salbe sowie Duloxetin als Alternative zu Paracetamol

  • Opiate

Von Opiaten in Form von transdermalen therapeutischen Systemen wird für alle Patientengruppen abgeraten.

  • Knorpelprotektiva

In der Praxis haben „Knorpelprotektiva“ immer noch einen Stellenwert. Ihr Nutzen bleibt aber umstritten. Die Datenlage ist diesbezüglich nicht eindeutig. Eine Therapieempfehlung oder Therapieabsage kann nicht sicher gegeben werden. Bis auf weiteres wird hier der Grundsatz von „Versuch und Irrtum“ auf der Basis von „Wer heilt, hat Recht“ zur Anwendung kommen. Kritisch zu betrachten sind jedoch übertriebene Heilversprechen, insbesondere bei teuren, freiverkäuflichen Präparaten.

Zum Einsatz kommen u.a. Chondroitinsulfat, Glucosaminsulfat, Hyaluronsäure und Kollagenhydrolysat.

Quellen