01.09.14

Jeder fünfte Patient, der eine Hüftprothesen-Erstimplantation erhält, ist zwischen 40 und 59 Jahre alt. In diesem Alter sind sportliche Aktivitäten wenn auch nicht die Regel, so doch noch möglich und von vielen Patienten auch gewünscht.
Befragungen unter Operateuren haben ergeben, dass nur etwa die Hälfte aller Operateure ihren Patienten Ratschläge zum Thema Sport mit Hüfttotalendoprothese erteilen (Quelle: PD Dr. Marcus Schmitt-Sody vom MedicalPark Chiemsee in Bernau-Felden und Kollegen). Das ist bedauerlich, da es gerade die körperliche Aktivität zu den wichtigsten Faktoren zählt, die die Lebensdauer (Standzeit) einer Prothese beeinflussen.

Um die Belastungen, die auf eine Prothese im Rahmen sportlicher Aktivitäten einwirken, zu verdeutlichen, seien folgende Beispiele genannt:

  • Beim Gehen in der Ebene wirkt das 2,5- bis 3,5-Fache des Körpergewichts auf das Gelenk
  • Beim Alpinskifahren wirkt das 4,0- bis 4,5-Fache des Körpergewichts auf das Gelenk
  • Die Torsionskräfte (Drehkräfte) steigen beim Treppensteigen um 23%

Die Torsionskräfte sind gefürchtet, da sie besonders die Stabilität des Schafts beeinflussen. Absolute Spitzenwerte werden beim Stolpern erreicht.

Wann und wie sollte mit körperlicher Belastung begonnen werden?
Einerseits dauert der biologische Einheilungsprozess einer Hüft-TEP neun bis zwölf Monate. Andererseits wirkt sich der möglichst frühzeitige Beginn des Trainings günstig auf die Gelenkfunktion aus. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist eine multidisziplinäre Rehabilitation unter fachlicher Anleitung. Mit ihr wird verhindert, dass zu wenig oder „des Guten zu viel“ getan wird. Koxarthrosepatienten unter 60 Jahre zeigen bereits sechs und zwölf Monate nach der Operation unter medizinischen Trainingstherapie eine höhere Arbeitseffizienz und eine vergleichsweise bessere Kraftentwicklung als konventionell nachbehandelte Patienten, wenn sie bereits früh mit dem Krafttraining begonnen hatten.

Bei intensivem Muskelaufbau- und Koordinationstraining treten postoperativ dann auch vergleichsweise seltener Schmerzen auf. Besonders trainiert werden müssen die abduzierenden Glutealmuskeln, die das Hüftgelenk entscheidend mitstabilisieren. Das Training der hüftumfassenden Muskulatur ist zudem eine wichtige Luxationsprophylaxe.

Mit dem Begriff der Abduktion wird in der Medizin das Abspreizen eines Armes oder in diesem Fall eines Beines von der Körpermitte oder Gliedmaßenachse weg bezeichnet. Das Gegenteil ist die Adduktion. Die Luxation wird im Volksmund „Auskugeln“ genannt. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass Hüftkopf und Hüftpfanne vollständig getrennt werden.

Welcher Sport nach der Reha?
Trotz der Erfolge der medizinischen Therapie bleibt umstritten, inwieweit sich andere Sportarten auf die Standzeiten auswirken. Studienergebnisse dazu sind widersprüchlich. Es bleibt daher auch auf individueller Ebene schwierig, konkrete Empfehlungen abzugeben. Während der Rehabilitationsphase, also zumindest die ersten drei bis sechs Monate nach der Operation, soll noch kein Sport getrieben werden. Das medizinische, gezielte Muskeltraining ist – wie oben ausgeführt - freilich erwünscht.

In den Beratungsgesprächen hinsichtlich weiterer sportlicher Aktivitäten oder ihrer Wiederaufnahme muss auf das Alter des Patienten, Begleiterkrankungen, kardiopulmonale Belastbarkeit, Knochenqualität, das individuelle Risikobewusstsein und den persönlichen Ehrgeiz eingegangen werden. Gemieden werden sollten auf jeden Fall Sportarten mit hoher Sprung- und Torsionsbelastung und mit hoher Sturzgefahr.

Zu bevorzugen sind vor allem jene Sportarten, die schon vor der Operation ausgeübt wurden. Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) empfiehlt besonders Kraulschwimmen, Radfahren, Walking und Nordic Walking, Aquajogging, Gymnastik, Rudern, Paddeln und Tanzen (außer Turniertanz). Zum Wandern ist besonders bergab das Benutzen von Stöcken empfehlenswert. Beim Golfen ist die Schlagtechnik so anzupassen, dass die Torsion in Knie- und Hüftgelenk gering bleibt. Beim Jogging sollte auf federnde Untergründe und stoßdämpfende Schuhmaterialien und beim Rudern auf nicht zu große Exkursionen im Hüftgelenk geachtet werden.

Bedingt geeignet sind neben Skilanglauf und alpinem Skisport vor allem Tennis, Kegeln, Bowling, Reiten oder Jogging.

Quelle:

  • T. Meißner aus: Extracta orthopaedica 2011; 4 (5): 19 basierend auf: Orthopäde 2011,40:513, publiziert in springermedizin.de

Tom Heyartz, Susanne Heyartz