19.12.13

Minimalinvasive Zugänge bei Hüftendoprothesenimplantationen erfreuen sich ungebremster Beliebtheit. Eine Vielzahl an Faktoren spricht dafür. Allerdings gibt es auch gewichtige Argumente gegen die Technik der minimalintensiven Endoprothetik, also pro konventionelle Technik.

Kleiner Hautschnitt: Kosmetisch erwünscht, medizinisch umstritten
Durch die Verkleinerung des Hautschnittes wird die intraoperative Belastung der Wundränder erhöht, wodurch eine schlechtere Wundkosmetik provoziert wird. Da perioperative Kontaminationen (Besiedlung mit Erregern) des Operationssitus in erster Linie durch Hautkeime verursacht werden sollte der Kontakt zwischen Implantat und Haut vermieden und der Hautschnitt dementsprechend 8also groß genug) dimensioniert werden.

Blutverlust: Weniger ist mehr
Bezüglich des Blutverlusts kann aus Verschiedenen Studien geschlossen werden, dass mit der minimalinvasiven Technik eine Verringerung Blutverlusts herbeigeführt werden kann. Allerdings beträgt die Differenz zur konventionellen Technik in den meisten Arbeiten wenige 100 ml und führt zu keinem Unterschied in der dadurch notwendigen Zahl an Bluttransfusionen oder im Blutbild. Muskelverletzungen: das Maß für eine frühe Mobilisation? Bei minimalinvasivem Zugang entstehen tendenziell geringere sogenannte Weichteiltraumen als bei den Standardzugängen. Dadurch ist am ehesten auch die zügigere Mobilisation zu erklären, auf die in einigen Studien hingewiesen wird.

Die genaue Positionierung des Implantats und mögliche Knochenbrüche
Minimalinvasive Zugänge erlauben eine adäquate Implantatpositionierung. Allerdings scheint das Risiko einer fehlerhaften Positionierung sowohl der Pfanne als auch des Schafts höher zu sein als bei herkömmlichen Operationsverfahren. abgeleitet werden kann. Ferner ist eine erhöhte Komplikationsrate bekannt, die sich nicht in einer erhöhten Fallzahl von periprothetischen Frakturen (Brüchen des Knochens), sondern auch in früher Revisionen mit anschließendem Knochenverlust äußert. In wieweit diese auch der Lernkurve der Operateure anzulasten ist, sei dahingestellt.

Fremde Federn
Bei der Betrachtung „minimalinvasiver Argumente“ ist zu berücksichtigen, dass die Fortschritte moderner Anästhesieverfahren sowie effektiverer postoperativer Schmerztherapie und Rehabilitation oft unter die „Erfolge“ minimalinvasiver Implantationen subsumiert werden. Damit ist der objektive Vergleich zwischen minimalinvasiv und konventionell implantierten Endoprothesen zusätlich erschwert.

Fremde Wahrnehmung
Zurinsbesondere in Patientenkreisen positiven Bewertung der minimalinvasiven Hüftendoprothetik trägt auch die teilweise unkritische und durch die Industrie geprägte Werbung in Printmedien und im Internet bei. Hierdurch entsteht beim Patienten eine Fehleinschätzung des Begriffs „minimalinvasiv“. Überzogene Erwartungen sind nicht selten die Folge.

Die wahren Herausforderungen: Materialien und Abstimmung der Komponenten
Führt man sich den hohen Standard vor Augen, der in den letzten Jahrzehnten in der Hüftendoprothetik erreicht wurde, ergibt sich die Frage, welche Art der Verbesserung durch die minimalinvasiven Zugänge tatsächlich erreicht werden kann. Die Herausforderungen der modernen Hüftendoprothetik, wie Verminderung des Abriebs durch veränderte Gleitpaarungen, Optimierung der Komponentenpositionierung werden durch die minimale Technik nicht adressiert, wodurch wiederum die technischen Ziele einer verträglichen Hüftendoprothetik gefährdet werden.

Fazit
Minimalinvasive Zugänge zur Hüftendoprothetik bieten die Möglichkeit eines geringeren Blutverlusts und Weichteilschadens sowie einer zügigeren Rehabilitation auf Kosten des Risikos von Implantatmalpositionierungen und periprothetischer Frakturen. Die minimalinvasive Hüfttotalendoprothetik kann deshalb derzeit nicht als Goldstandard angesehen werden. 

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