25.03.12

Bei Osteoporose- Patienten mit multiplen Frakturen und rasch aufeinanderfolgenden Frakturen sowie nach Versagen von antiresorptiven Therapien sollte der Einsatz einer osteoanabolen Therapie in Erwägung gezogen werden.

Was sind schwere Osteoporosen?

Schwere Osteoporosen zeichnen sich dadurch aus, dass es bereits zu Fragilitätsfrakturen gekommen ist und die Betroffenen ein hohes Risiko für Folgefrakturen aufweisen. Die Frakturen gehen häufig mit Schmerzen einher.

Wegen der hohen Gefährdung durch solche und  weitere Frakturen  ist das schnelle und sichere Erkennen einer schweren Osteoporose besonders wichtig. Die Betroffenen brauchen rasche Hilfe, weil gerade der alte Patient schnell seine Selbstständigkeit verlieren kann. Da alte Menschen ihren Schmerz häufig jedoch nicht kommunizieren, sollte der Arzt aber auch aktiv nach Symptomen wie Schmerzen und Funktionseinschränkungen fragen.

Was ist eine osteonabole Behandlung?

Eine Osteoporose-Therapie, die zu einer Vermehrung von Knochensubstanz führt und verloren gegangene Mikrostrukturen wieder herstellen kann, nennt man osteoanabol. Anabolika sind Substanzen, die den Aufbau von körpereigenem Gewebe fördern, Osteoanabolika fördern den Aufbau von Knochengewebe.
Teriparatid wirkt osteoanabol, weil es im Gegensatz zu den heute gebräuchlichen Bisphosphonaten nicht antiresorptiv wirkt, d.h. es verhindert nicht den Knochenabbau, sondern ermöglicht deren Aufbau.

Was ist Teriparatid?

Teriparatid ist das verkürzte  Molekül des menschlichen Parathormons, das physiologisch aus der Nebenschilddrüse freigesetzt wird.  Zusammen mit Calcitonin und Vitamin D reguliert das Parathormon den Kalziumspiegel des Körpers: Nimmt die Kalziumkonzentration im Blut an, wird die Sekretion des Parathormons gesteigert. Ziel ist es, den Serumkalziumspiegel selbst bei kalziumarmer Ernährung aufrecht und Stabil zu halten. Dabei steigert Parathormon in der Niere die Kalziumrückresorption aus dem Primärharn. Außerdem fördert es die Bildung von Calcitriol, der aktiven Form des Vitamin D, das die Kalziumaufnahme aus dem Darm fördert.

Daneben stimuliert Teriparatid die Proliferation und Differenzierung der knochenaufbauenden Osteoblasten. Erreicht wird dies über eine intermittierende Applikation geringer Dosen.

Eine osteoanabole Therapie mit Teriparatid stimuliert die Osteoblasten und führt zur Auffüllung der Resorptionslakunen und Steigerung der Knochenneubildung. Dadurch kommt es zu einer Zunahme der Trabekelvernetzung, des Volumens der Knochenbälckchen und der Kortikalisdicke.

Wann sollte die Therapie zum Einsatz kommen?

Diese Therapie sollte dann zum Einsatz kommen, wenn kostengünstigere Optionen nicht ausreichen oder nicht aussichtsreich erscheinen. Verschiedene Studien belegen die Wirksamkeit von Teriparatid im Praxisalltag. Während einer 18-monatigen Therapie mit Teriparatid wurde die vertebrale Frakturrate im Vergleich zu Monat 0 bis 6 signifikant reduziert. In den 18 Monaten nach Behandlungsende ging das Frakturrisiko sogar noch weiter zurück (Osteoporos Int 2011; 22: 2709-2719). Parallel dazu verbesserten sich die Rückenschmerzen und die Lebensqualität.

Welche Kritik gibt es?
In einem zweijährigen Tierversuch an Ratten wurden in dosisabhängiger Häufigkeit Osteosarkome und andere Knochentumore beobachtet . In einer zweiten Studie ließ sich bei Jungtieren keine Schwellendosis bestimmen, während ausgewachsene Ratten nur unter der 20fachen therapeutischen Konzentration nicht aber unter der dreifachen Tumore entwickelten. Eine abschließende Risikobewertung bei Menschen kann zurzeit noch nichtabschließend vorgenommen werden. In den durchgeführten klinischen Studien über 17 bis 18 Monate wurden allerdings bisher keine Osteosarkome beobachtet  (Quelle: Pharmazeutische Zeitung) 2011.

Ein wichtiges Argument gegen die Therapie mit Teriparatid ist der Umstand, dass in den USA die Fachinformation des Parathormonfragments eine Black-box-Warnung - die schärfste Form der Warnung, die die Arzneimittelbehörde FDA einem Hersteller auferlegen kann, trägt (Stand 2003).

Die Verbraucherorganisation Public Citizen hatte sich zuvor sogar ganz gegen die Zulassung von Teriparatid ausgesprochen. Der Grund: Das zur Behandlung der Osteoporose vorgesehene Mittel verursacht im Langzeitversuch mit Ratten Knochenkrebs, und zwar schon bei Wirkkonzentrationen knapp oberhalb der therapeutischen Spiegel bei Menschen (Stand 2003).

Seit November 2003 ist Teriparatid auch in Deutschland im Handel, zugelassen für Frauen nach den Wechseljahren mit manifester Osteoporose.

Quellen