15.08.09
Die Rumpfmuskulatur
Die Rumpfmuskulatur

Die Rückenmuskulatur ist die Muskulatur im Bereich des Rückens. Als Gegenspieler der geraden Bauchmuskulatur übernimmt die Rückenmuskulatur vor allem die Streckung der Wirbelsäule. Daneben hat sie die Aufgabe, die Wirbelsäule in der Senkrechten auszubalancieren und gleichmäßig zu belasten.

Die Stabilisierung der Wirbelsäule erfolgt aktiv. Das bedeutet, dass Ihre Rückenmuskulatur die Wirbelsäulenstabilisierung ständig an Bewegungen und Haltungsänderungen des Körpers anpassen muss. Dafür ist neben einem ausgeglichenen Zusammenspiel der Bauch- und Rückenmuskulatur auch die Einwirkung der Muskulatur der Beine und der Oberarme von ausschlaggebender Bedeutung. Zusätzliche Stabilität erfährt die Wirbelsäule durch die Muskulatur der Hals- und Nackenregion Unterstützt werden alle genannten Muskelgruppen von straff um die Wirbelsäule angelegten, bindegewebigen Bändern.

Aus anatomischen und funktionellen Gründen unterteilt man die Rückenmuskulatur in zwei Gruppen: die tiefe und die oberflächliche Rückenmuskulatur.

Die tiefen Rückenmuskeln verbinden jeweils zwei benachbarte Wirbel miteinander und setzen an den Wirbelfortsätzen und Wirbelkörpern an. Aufgabe dieser Muskeln ist vor allem die Stabilisierung der einzelnen, segmental angeordneten Wirbel.

Die oberflächlichen Rückenmuskeln verlaufen in zwei großen Muskelsträngen beidseitig der  Wirbelsäule  und ziehen über mehrere Wirbel hinweg. Die längsten Vertreter der oberflächlichen Rückenmuskeln reichen sogar vom Nacken bis zum Becken. Oberflächliche Rückenmuskeln erlauben Ihnen Drehbewegungen sowie die Vor- und Rückbeugung des Rumpfes. In vielen Ratgebern werden sie daher einfach als Rückenstrecker  oder Rumpfmuskulatur bezeichnet. Gut trainierte Rückenstrecker sind von außen nur schwer tastbar, da sie von den Muskeln des Schultergürtels fast vollständig überlagert werden.

Um die in sich instabile Gliederkette der Wirbelsäule zu stabilisieren, ist die Rückenmuskulatur wie die Takelage eines Segelschiffes angeordnet und organisiert. Die Takelage eines Segelschiffes hat die Aufgabe, den zentralen Mast .selbst bei Wind und hoher See stabil zu verankern. Sieht man in der Wirbelsäule den zentralen Mast des Körpers, ist dieser Vergleich durchaus zutreffend.

Die um die Wirbelsäule wie Rahen um den Schiffsmast angeordneten Muskeln liegen in mehreren Schichten übereinander. Unten die kurzen  und darüber die langen Muskeln. Diese Anordnung bildet ein kräftiges, die Wirbelsäule stabilisierendes Muskelgeflecht. Gleichzeitig ermöglicht sie verschiedene Bewegungen. Die längs verlaufenden Muskeln können den Körper rück- oder seitwärts neigen (beugen und strecken), die schräg verlaufenden Muskeln können ihn zusätzlich drehen.

Das Training dieser Muskulatur hat eine entscheidende Bedeutung bei Prävention und Rehabilitation von Rückenbeschwerden.

Schon die ganz normalen Dinge des Alltags wie Bücken, Drehen und Aufrichten stellen für Ihre Wirbelsäule erhebliche Belastungen dar. Die volle Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule können Sie nur ausschöpfen, wenn ein perfektes Zusammenspiel der knöchernen Bauelemente, der Bandscheiben, der Bänder sowie der Rücken- und Rumpfmuskulatur gewährleistet ist. In diesem Zusammenspiel kommt der Muskulatur eine besondere Bedeutung zu, da sie schnell trainierbar und daher anpassungsfähig ist.

Leider gilt aber auch im Umkehrschluss, dass nicht trainierte Muskulatur sehr schnell ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen kann. Ein unzureichender Trainingszustand der Muskulatur führt schnell zur Überlastung der Wirbelgelenke und Bandscheiben. Wichtig für eine effektive Vorbeugung ist daher ein geeignetes und regelmäßiges Training.

Hinsichtlich des geeigneten Trainings hat aber in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden. Glaubte man früher noch, dass vor allem die großen, oberflächlichen Muskeln des Rückens schon aufgrund ihrer Kraft und Größe den wesentlichen Beitrag zu Stabilisierung leisten müssen, geht man heute eher davon aus, dass die kleinen Muskeln der Rückenmuskulatur die Hauptlast der Stabilisierung tragen.

  • Die großen Muskeln haben vor allem eine Bewegungs- und Stützfunktion.
  • Die kleinen, in der Tiefe angeordneten Muskeln stabilisieren die Wirbelsäule.
    Man verwendet für sie auch den Begriff "lokal stabilisierende Muskulatur".


Entscheidend für die Stabilisierungsfunktion der kleinen Muskeln ist Ihre Fähigkeit "vorauszudenken". Stellen Sie sich einfach vor, Sie heben ein Bein. Noch bevor Sie das Bein angehoben haben, muss Ihre Wirbelsäule schon stabilisiert sein, da Sie sonst den Halt und Ihr Gleichgewicht verlieren. Analog gilt dieses Beispiel für alle Bewegungen Ihres Körpers. Bei schnellen und anspruchsvollen Tätigkeiten wie beispielsweise turnen, klettern oder bei Ballspielen ist das sicher eine große Herausforderung an die „unbewusste Koordination“.

Selbstverständlich existiert neben dem System der den Rücken stabilisierenden Muskulatur auch ein ähnlich funktionierendes System von im Bauchbereich der Wirbelsäule angeordneten Muskeln, die bei entgegengesetzten Bewegungen "vorausschauend" reagieren müssen.

Nicht trainierte Muskeln verlieren neben Ihrer Kraft und Ausdauer auch die Fähigkeit angemessen schnell auf Lageveränderungen zu reagieren. Eine fein abgestimmte und sensibel reagierende Muskelfunktion ist dann unmöglich geworden. Das Resultat sind Fehlhaltungen und Muskelverspannungen.

Die oberflächliche Rumpfmuskulatur lässt sich gezielt und einfach trainieren. Die Tiefenmuskulatur kann dagegen nur indirekt geschult werden. Für ein erfolgreiches Rückentraining ist daher immer eine detaillierte und kompetente Rückenschulung erforderlich.

Das Bild zeigt eine Lithografie von Nicolas Henri Jacob (†1871) von ca. 1834. Gut zu erkennen ist die oberflächliche Rückenmuskulatur (Rumpfmuskulatur).