29.04.12

Schmerzen am Bewegungsapparat gehören zu den häufigsten Vorstellungsgründen beim Kinderarzt und sind nicht selten Grund dafür, dass Kinder beim Orthopäden vorstellig werden.

Obwohl Knorpelschäden immer häufiger schon bei Kindern und Jugendlichen auftreten und ganz allgemein gilt, dass nicht entzündliche Ursachen von Schmerzen am Bewegungsapparat insgesamt wesentlich häufiger sind, ist die Ursache von Gelenkschmerzen beim Kindern meist die post- und parainfektiöse, häufig viral bedingte, Arthritis, die eines oder mehrere Gelenke betreffen kann. Pädiater und  Orthopäden müssen daher auch entzündliche Erkrankungen differentialdiagnostisch in Erwägung ziehen.

Das klassische entzündliche Krankheitsbild bei Kindern und Jugendlichen ist die Arthritis. Dabei differenziert man echte Arthritiserkrankungen wie die Coxitis fugax oder das „kindlichen Rheuma” (juvenile rheumatoide Arthritis) und Arthritiden, die als Begleitersymptomatik von anderen Erkrankungen auftreten. Beispiele für Erkrankungen mit einer begleitenden Arthritis sind die Purpura Schönlein-Henoch oder der systemische Lupus erythematodes. Bei beiden Grunderkrankungen kann die Arthritis, was das geschilderte Beschwerdebild angeht, sogar soweit im Vordergrund stehen, dass die eigentliche Erkrankung dadurch verschleiert und relativ spät erkannt wird.

Die Vielfalt der Ursachen und die unterschiedliche Ausprägung der Beschwerden kann daher die genaue Diagnostik von entzündlichen Gelenkerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen langwierig gestalten.

Kleine Auswahl an entzündlichen Gelenkerkrankungen (Beispiele)

  • Die post- und parainfektiöse Arthritis
    Hierbei handelt es sich um eine Arthritis, die nach (post) oder als Begleitung während (para) eines Infektes auftreten kann. Sie verursacht starke Beschwerden, der junge Patient wird schnell immobilisiert (in der Ausübung von Bewegungen bis zur Bewegungslosigkeit eines Gelenks behindert). Anders als beim Erwachsenen ist der Verlauf aber meist nur kurz. In der Regel ist der junge Patient nach etwa ein bis zwei Wochen beschwerdefrei. Die häufigste Variante ist die Coxitis fugax, der sog. Hüftgelenkschnupfen.
     
    Therapeutisch haben sic einfache Schmerzmittel wie nichtsteroidale Antirheumatika (Ibuprofen, Voltaren etc.) bewährt. Bettruhe ist nicht indiziert. Aufgrund der starken Beschwerden sind die betroffenen Kinder ohnehin meist bewgungseingeschränkt.
     
    Die Prognose ist gut. Heilt die Erkrankung jedoch nicht nach 10 bis 14 Tagen aus, müssen andere Erkrankungen sicher ausgeschlossen werden.
     
  • Arthritiden nach infektiösen Darmerkrankungen
    Reaktive Arthritiden treten auch nicht selten nach infektiösen Darmerkrankungen auf. Als ursächliche Erreger kommen viele Keime in Betracht. Die meisten davon sind "harmlos" und nur wenige wie die z.B. Lyme-Borreliose führen (selten) zu einem schweren Krankheitsbild mit langem Verlauf.
     
    Anamnestisch werden nicht selten Durchfälle angegeben. Therapeutisch ist man auch hier zunächst mit einfachen Schmerzmitteln gut beraten.
     
    Ebenfalls Gelenkschmerzen können die chronischen entzündlichen Magen- Darm-Erkrankungen verursachen. Mitunter gehen die Gelenkschmerzen den gastrointestinalen (Magen-Darm) Zeichen sogar voraus.
     
  • Osteomyelitis (infektiöse Arthritis)
    Die Osteomyelitis (Knocheneiterung, Knochenmarkentzündung) ist ein sehr dramatisches Krankheitsbild. Bereiche, die von der Knochenentzündung betroffen sind, machen sich durch starke Rötung, Schwellung und Druckschmerzen bemerkbar. Kinder vermeiden dann jede Bewegung im betroffenen Areal, bei Säuglingen genügt mitunter schon die Erschütterung des Bettchens, um eine starke Schmerzreaktion zu provozieren.
     
    Ist die Erkrankung nicht durch eine Entzündung von außen, sondern über den Blutweg (hämatogen) entstanden, ist sie eine Erkrankung des gesamten Körpers. Sie äußert sich dann meist mit Fieber bis ca. 40° C, Niedergeschlagenheit und Schüttelfrost.
     
    Die Osteomyelitis ist die einzige Gelenkschmerzerkrankung, die eine Diagnose noch am gleichen Tag verlangt!
     
    Therapeutisch genügt in unkomplizierten Fällen genügt eine einfache Behandlung mit Antibiotika. Hat die Osteomyelitis nicht nur Röhrenknochen, sondern auch ein Gelenk befallen, muss mit orthopädischen Chirurgen eine Entlastungsoperation erwogen werden.
     
  • Arthritis bei Lupus erythematodes
    Ebenfalls mit Gelenkbeschwerden einhergehen kann der Lupus erythematodes. Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine seltene chronisch-entzündliche Bindegewebserkrankung (sog. Kollagenose), die sich auf auf den gesamten Körper auswirken kann und vorwiegend bei Frauen auftritt. Sie gehört zu den sog. Autoimmunerkrankungen.
     
    Hier führt Sie meist – aber nicht immer – das Schmetterlingserythem im Gesicht auf die richtige Spur. Die Arthritis ist beim Lupus meist gutartig und deformiert das Gelenk selten. Überhaupt stellt die Arthritis für den Patienten ein viel geringeres Problem dar als etwa die begleitenden Nierenerkrankungen oder die die Beteiligung des zentralen Nervensystems (ZNS).