02.12.13
Das Leiden in den egenen Händen halten und betrachten
Das Leiden in den egenen Händen halten und betrachten

Die Vorbehalte
Die Ablehnung psychologischer Therapieformen ist unter Patienten ähnlich weit verbreitet die die Weigerung, Schmerzmittel einzunehmen. Beiden Vorbehalten gemeinsam ist, dass sie sich auf eher abstrakte Argumente oder irrationale Ängste stützen als auf sachlich fundierte Argumente.

Es sind vor allem zwei Gründe, warum das Angebot, eine psychologische Therapie in Erwägung zu ziehen von vielen Patienten strikt abgelehnt wird. Zum einen gelten psychologische Therapieformen als Methoden, um – drastisch formuliert „Verrückte oder Spinner“ – zu kurieren. Zum anderen wird das Angebot nicht selten so interpretiert, dass man sich die Schmerzen nur einbilde. Diese Sichtweise führt dazu, dass sich der Patient nicht mehr ernst genommen fühlt und die Angebote ablehnt.

Beide Meinungen beruhen auf weit etablierten Vorurteilen. Lang andauernder, chronischer Schmerz beeinträchtigt immer auch die Psyche. Ist die Psyche krank, beeinträchtigt sie die Körperfunktionen. Es entsteht neuer Schmerz. Der Motor in diesem entstehenden Teufelskreis ist die Psyche. Nur ihre Behandlung bringt Erfolg.

Der Weg in die Krise
In den meisten Fällen haben Rückenschmerzen körperliche Ursachen. Nicht immer lassen sie sich therapeutisch in den Griff bekommen oder gar ausschalten. Das Resultat ist ein chronisches Leiden, das, wie oben beschrieben, auch die Psyche betrifft.

Fixiert oder versteift sich nun ein Patient mit chronischen Beschwerden auf den Gedanken oder die Meinung, dass die Ursachen seiner Beschwerden körperlich sein müssen oder therapeutisch beseitigt werden könnten, wenn man es „nur richtig“ anginge, dann gerät er schnell in eine Sackgasse. Das ist besonders dann der Fall, wenn alle Therapieformen bsher nur wenig Linderung gebracht haben. Solche Patienten pendeln zwischen der verzweifelten Suche nach immer neuen Therapieformen und Hoffnungslosigkeit. Ihr Weg führt sie von Arzt zu Arzt und zu vielen Anbietern alternativer Heilmethoden. Man spricht von einer Patientenodyssee. Durch diese Reise wird die Psyche weiter belastet, Depressionen werden unvermeidlich, der Schmerz wird intensiviert.

Welche psychologischen Therapien gibt es?
Psychologisch, verhaltensmedizinische Therapien werden von Psychotherapeuten und speziell ausgebildeten Ärzten angeboten. Die Palette der angebotenen Verfahren ist vielfältig. Gute Ergebnisse sind von sogenannten kognitiv – verhaltensmedizinischen Therapieformen zu erwarten.

Was vermittelt die Therapie?
Solche kognitiven Therapieformen setzen am Verhalten des Patienten, seinen Einstellungen und seinen Überzeugungen an. Zu bearbeitende Aspekte wären beispielsweise die Vermittlung des Verständnisses für eine komplizierte Erkrankung oder das Nehmen unbegründeter Sorgen und Ängste. So lernen Patienten beispielsweise die Angst vor körperlichen oder sozialen Aktivitäten abzubauen, die in gewohnter Weise mit Schmerz einhergehen oder verbunden sein könnten.

Durch die Therapie wird langsam schmerzverstärkendes Verhalten durch gesundheitsförderndes Verhalten ersetzt. Schmerzen können aus anderen Perspektiven wahrgenommen werden und verlieren ihre Schrecken. Der Patient entwickelt Selbstvertrauen und die Überzeugung, die eigenen Probleme selbst lösen oder handhaben zu können. Das Gefühl der Hilflosigkeit schwindet und schafft Platz für die gesunde Grundeinstellung, auch als Kranker vom leben profitieren und es genießen zu können.

Die Nachteile
Eine erfolgversprechende Psychotherapie benötigt zwei Dinge: Zeit und einen erfahren Therapeuten. Beides ist knapp. Ein kurzes Gespräch unter „vier Augen“ ist keine Therapie. Planen Sie daher vorab regelmäßige Gesprächstermine über mehrere Monate oder gar ein bis zwei Jahre in ihren Terminkalender ein.

Leider sind solche Termine auch sehr teuer. Die Kostenübernahme von Kassen (gesetzlich wie privat) beschränkt sich – wenn überhaupt – oft nur auf wenige Sitzungen. Kosteneffektiver, aber ebenso effizient, sind Gruppentherapien, die in vielen Zentren oder Städten angeboten werden. Das “Bewusstseinstraining” wird dadurch auch für Selbstzahler günstiger als Akupunkturbehandlungen oder Physiotherapie.

Grundvoraussetzung für den therapeutischen Profit aus psychologisch orientierten Therapiemaßnahmen bleibt aber die Einstellung des Patienten. Jeder sechste legt Psychotherapie grundsätzlich ab. Jeder zweite nimmt die Angebote unter leichten bis schweren Vorbehalten wahr. Unter diesen Konditionen sind, vor allem bei nur kurzfristig angelegten Therapieprogrammen, Misserfolge vorprogrammiert.

Bldquelle: AlicePopKorn unter Creative Common Lizenz