09.01.12
Grafische Zusammenfassung der Kathetertechnik
Grafische Zusammenfassung der Kathetertechnik

Wirbelsäulen-Kathetertechnik nach Professor RACZ

Die eigentliche Wirbelsäulenoperation stellt für den Patienten immer noch einen stark belastenden Eingriff dar. Gleichzeitig ist sie mit vergleichsweise langen Genesungszeiten verbunden.

Mit der minimalinvasiven epiduralen Kathetertechnik sollen nach Aussagen der diese Methode praktizierenden Ärzte die meisten der bisher herkömmlichen Bandscheibenoperationen vermieden werden können. Im Vergleich zur konventionellen Bandscheibenoperation , ist der Patient auch bereits kurz nach der unblutigen Katheterbehandlung wieder auf den Beinen.

Epidurale Kathetertechnik
Das zentrale Nervensystem des Menschen ist von verschiedenen Hirnhäuten umgeben, die sich vom Schädel ausgehend in den Spinalkanal der Wirbelsäule fortsetzen. Die äußere Hirnhaut ist eine derbe, harte Faserschicht, die Dura mater „harte Hirnhaut“ genannt wird. Sie schützt das Nervengewebe vor Verletzungen und eindringen Keimen. Zwischen den Wirbelknochen und der Dura mater befindet sich ein schmaler Spalt, der Epiduralraum. Nervenwurzeln, die zum Rückenmark ziehen oder das Rückenmark verlassen, müssen den Epiduralraum durchqueren.

Bei der epiduralen Kathetertechnik wird unter Röntgenkontrolle ein kaum zwei Millimeter starker Katheter zielgenau in die Nähe der gereizten Nervenwurzeln im Epiduralraum platziert. Diese können so mit Kochsalzlösung, Enzymen oder Kortison umspült werden. Grundprinzip der Behandlung ist, dem umgebenden Gewebe Flüssigkeit zu entziehen. Die Bandscheibe kann schrumpfen, sich zurückziehen und somit den Druck auf den Nerv verringern. Im Gegensatz zur klassischen Operation werden bei dieser Methode weder Bandscheibe noch Gewebsstrukturen verletzt.

Methode nach RACZ
Der wesentliche Unterschied dieser Behandlungsmethode liegt in der speziell entwickelten Technik des elastischen Katheters. Der Katheter ist an seinem Ende mit einer Edelstahlspiralfeder versehen, wodurch ein schonendes, verletzungsfreies Platzieren möglich ist. Gegenüber einem herkömmlichen operativen Eingriff schrumpft dabei lediglich das Gewebe der Bandscheibe, wird jedoch nicht verletzt.

Indikationen
Die Wirbelsäulen-Kathetertechnik ist vor allem bei Patienten mit starken Schmerzen angezeigt. Die Indikationen im Einzelnen:

  • Akute starke Schmerzen durch Bandscheibenvorwölbung oder –vorfall
  • Chronisch starke Schmerzen und Nervenwurzelreizungen
  • Post-Nukleotomie-Syndrom
  • (Schmerzen nach Bandscheiben-Operation)
  • Postoperative epidurale Narbengewebebildungen und Fibrosen
  • (Narbenbeschwerden nach Operationen)
  • Wurzelirritationen oder Wurzelreizsyndrome durch mechanische Irritationen.
  • Bei  Wirbelgelenkverschleiß

Solche Verfahren sind jedoch erst nach Ausschöpfung der üblichen konservativen Therapiemaßnahmen einzusetzen. Dazu zählen:

  • Krankengymnastische rumpfstabilisierende Übungsbehandlung
  • Physikalische Therapiemaßnahmen (Bäder, fango, Massagen etc.)
  • Entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikation

Sollte das konservative Therapieregime nach einem Zeitraum von 3 bis 4 Monaten keine wesentliche Veränderung des Beschwerdebildes ergeben, ergibt sich ggf. die Indikation zur epiduralen Wirbelsäulen-Kathetertechnik nach RACZ.

Durchführung
Der gesamte Eingriff dauert etwa 30 bis 45 Minuten. Eine Vollnarkose ist nicht erforderlich. Der Eingriff wird im Operationssaal unter anästhesiologischer Überwachung durchgeführt. Unter sterilen Bedingungen und örtlicher Betäubung wird der Katheter vorsichtig in das Zielgebiet vorgeschoben. Damit die Punktionsstelle zugänglich ist, muss der Patient während des Eingriffs auf dem Bauch liegen. Bereits nach einer Stunde kann er jedoch wieder aufstehen. Der Katheter wird nach dem Eingriff noch zwei bis drei Tage belassen. Während dieser Zeit bleibt der Patient stationär. Zur Verbesserung des Ergebnisses Behandlungserfolgs kann die Einspülung der entzündungshemmenden, schmerzstillenden und abschwellenden Medikamente während des stationären Aufenthaltes noch mehrfach wiederholt werden.

Leichte körperliche Belastung wie zum Beispiel Schreibtischarbeiten können nach der Entlassung aus der stationären Behandlung bereits wieder durchgeführt werden.

Nachbehandlung
Eine abgestimmte Physiotherapie sollte zwei Wochen nach dem Eingriff beginnen. Hierbei wird besonders auf den symmetrischen Muskelaufbau sowie Haltungs- und Bewegungstraining geachtet. Nach weiteren vier Wochen kann das gewohnte Sport- oder Fitness-Programm allmählich aufgenommen werden.

Leichte körperliche Arbeiten wie zum Beispiel Bürotätigkeiten können nach ein- bis zwei Wochen wieder aufgenommen werden. Körperlich anstrengende Arbeiten sollten in den ersten vier Wochen eingeschränkt, und können dann langsam gesteigert werden.

Schwimmen und Radfahren (möglichst aufrechte Oberkörperhaltung) sind nach drei Wochen erlaubt. Joggen auf weichem Boden nach vier Wochen. Alle anderen Sportarten können je nach Belastungsintensität ab der fünften Woche langsam steigernd aufgenommen werden. Auf ausgeprägte Drehbewegungen der Wirbelsäule, wie zum Beispiel Golf und Tennis, sollte die ersten drei Monate nach der epiduralen Kathetermethode nach RACZ verzichtet werden.

(Alle Aussagen zur Nachbehandlung: Orthopädische Universitätsklinik der RWTH Aachen, Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. F. U. Niethard)

Stellenwert
In der internationalen Literatur wird eine Erfolgsquote von über 85% in einem Nachbehandlungsintervall von einem Jahr angegeben. Bei einem Großteil der Wirbelsäulenpatienten mit Bandscheibenvorfall und –vorwölbung kann durch diese Behandlungsmethode somit eine offene Operation vermieden werden. Auch Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen können von dieser Behandlungsmethode profitieren.

Ob diese Therapie für Sie geeignet ist oder nicht, muss von Fall zu Fall in einem persönlichen Gespräch mit Ihrem Orthopäden geklärt werden. Pauschale Aussagen oder Empfehlungen sind nicht möglich. Ihr Orthopäde berät Sie sicher gerne.