Minimalinvasive Therapie: Wirbelsäulen-Kathetertechnik nach Professor RACZ

Wirbelsäulen-Kathetertechnik nach Professor RACZ
Die eigentliche Wirbelsäulenoperation stellt für den Patienten immer
noch einen stark belastenden Eingriff dar. Gleichzeitig ist sie mit
vergleichsweise langen Genesungszeiten verbunden.
Mit der minimalinvasiven epiduralen Kathetertechnik sollen nach
Aussagen der diese Methode praktizierenden Ärzte die meisten der bisher
herkömmlichen Bandscheibenoperationen vermieden werden können. Im
Vergleich zur konventionellen Bandscheibenoperation , ist der Patient
auch bereits kurz nach der unblutigen Katheterbehandlung wieder auf den
Beinen.
Epidurale Kathetertechnik
Das zentrale Nervensystem des Menschen ist von verschiedenen Hirnhäuten
umgeben, die sich vom Schädel ausgehend in den Spinalkanal der
Wirbelsäule fortsetzen. Die äußere Hirnhaut ist eine derbe, harte
Faserschicht, die Dura mater „harte Hirnhaut“ genannt wird. Sie schützt
das Nervengewebe vor Verletzungen und eindringen Keimen. Zwischen den
Wirbelknochen und der Dura mater befindet sich ein schmaler Spalt, der
Epiduralraum. Nervenwurzeln, die zum Rückenmark ziehen oder das
Rückenmark verlassen, müssen den Epiduralraum durchqueren.
Bei der epiduralen Kathetertechnik wird unter Röntgenkontrolle ein kaum
zwei Millimeter starker Katheter zielgenau in die Nähe der gereizten
Nervenwurzeln im Epiduralraum platziert. Diese können so mit
Kochsalzlösung, Enzymen oder Kortison umspült werden. Grundprinzip der
Behandlung ist, dem umgebenden Gewebe Flüssigkeit zu entziehen. Die
Bandscheibe kann schrumpfen, sich zurückziehen und somit den Druck auf
den Nerv verringern. Im Gegensatz zur klassischen Operation werden bei
dieser Methode weder Bandscheibe noch Gewebsstrukturen verletzt.
Methode nach RACZ
Der wesentliche Unterschied dieser Behandlungsmethode liegt in der
speziell entwickelten Technik des elastischen Katheters. Der Katheter
ist an seinem Ende mit einer Edelstahlspiralfeder versehen, wodurch ein
schonendes, verletzungsfreies Platzieren möglich ist. Gegenüber einem
herkömmlichen operativen Eingriff schrumpft dabei lediglich das Gewebe
der Bandscheibe, wird jedoch nicht verletzt.
Indikationen
Die Wirbelsäulen-Kathetertechnik ist vor allem bei Patienten mit starken Schmerzen angezeigt. Die Indikationen im Einzelnen:
- Akute starke Schmerzen durch Bandscheibenvorwölbung oder –vorfall
- Chronisch starke Schmerzen und Nervenwurzelreizungen
- Post-Nukleotomie-Syndrom
- (Schmerzen nach Bandscheiben-Operation)
- Postoperative epidurale Narbengewebebildungen und Fibrosen
- (Narbenbeschwerden nach Operationen)
- Wurzelirritationen oder Wurzelreizsyndrome durch mechanische Irritationen.
- Bei Wirbelgelenkverschleiß
Solche Verfahren sind jedoch erst nach Ausschöpfung der üblichen konservativen Therapiemaßnahmen einzusetzen. Dazu zählen:
- Krankengymnastische rumpfstabilisierende Übungsbehandlung
- Physikalische Therapiemaßnahmen (Bäder, fango, Massagen etc.)
- Entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikation
Sollte das konservative Therapieregime nach einem Zeitraum von 3 bis 4 Monaten keine wesentliche Veränderung des Beschwerdebildes ergeben, ergibt sich ggf. die Indikation zur epiduralen Wirbelsäulen-Kathetertechnik nach RACZ.
Durchführung
Der gesamte Eingriff dauert etwa 30 bis 45 Minuten. Eine Vollnarkose
ist nicht erforderlich. Der Eingriff wird im Operationssaal unter
anästhesiologischer Überwachung durchgeführt. Unter sterilen
Bedingungen und örtlicher Betäubung wird der Katheter vorsichtig in das
Zielgebiet vorgeschoben. Damit die Punktionsstelle zugänglich ist, muss
der Patient während des Eingriffs auf dem Bauch liegen. Bereits nach
einer Stunde kann er jedoch wieder aufstehen. Der Katheter wird nach
dem Eingriff noch zwei bis drei Tage belassen. Während dieser Zeit
bleibt der Patient stationär. Zur Verbesserung des Ergebnisses
Behandlungserfolgs kann die Einspülung der entzündungshemmenden,
schmerzstillenden und abschwellenden Medikamente während des
stationären Aufenthaltes noch mehrfach wiederholt werden.
Leichte körperliche Belastung wie zum Beispiel Schreibtischarbeiten
können nach der Entlassung aus der stationären Behandlung bereits
wieder durchgeführt werden.
Nachbehandlung
Eine abgestimmte Physiotherapie sollte zwei Wochen nach dem Eingriff
beginnen. Hierbei wird besonders auf den symmetrischen Muskelaufbau
sowie Haltungs- und Bewegungstraining geachtet. Nach weiteren vier
Wochen kann das gewohnte Sport- oder Fitness-Programm allmählich
aufgenommen werden.
Leichte körperliche Arbeiten wie zum Beispiel Bürotätigkeiten können
nach ein- bis zwei Wochen wieder aufgenommen werden. Körperlich
anstrengende Arbeiten sollten in den ersten vier Wochen eingeschränkt,
und können dann langsam gesteigert werden.
Schwimmen und Radfahren (möglichst aufrechte Oberkörperhaltung) sind
nach drei Wochen erlaubt. Joggen auf weichem Boden nach vier Wochen.
Alle anderen Sportarten können je nach Belastungsintensität ab der
fünften Woche langsam steigernd aufgenommen werden. Auf ausgeprägte
Drehbewegungen der Wirbelsäule, wie zum Beispiel Golf und Tennis,
sollte die ersten drei Monate nach der epiduralen Kathetermethode nach
RACZ verzichtet werden.
(Alle Aussagen zur Nachbehandlung: Orthopädische Universitätsklinik der
RWTH Aachen, Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. F. U. Niethard)
Stellenwert
In der internationalen Literatur wird eine Erfolgsquote von über 85% in
einem Nachbehandlungsintervall von einem Jahr angegeben. Bei einem
Großteil der Wirbelsäulenpatienten mit Bandscheibenvorfall und
–vorwölbung kann durch diese Behandlungsmethode somit eine offene
Operation vermieden werden. Auch Patienten mit unspezifischen
Rückenschmerzen können von dieser Behandlungsmethode profitieren.
Ob diese Therapie für Sie geeignet ist oder nicht, muss von Fall zu
Fall in einem persönlichen Gespräch mit Ihrem Orthopäden geklärt
werden. Pauschale Aussagen oder Empfehlungen sind nicht möglich. Ihr
Orthopäde berät Sie sicher gerne.