13.09.10

Nicht steroidale Antirheumatika oder nicht steroidale Antiphlogista bilden eine im chemischen Aufbau sehr unterschiedliche, vom Wirkungsspektrum her aber sehr verwandte Gruppe von Medikamenten. Abgekürzt werden die Medikamente dieser Gruppe als NSAR bezeichnet.

Zu den bekanntesten Vertretern der NSAR zählen beispielsweise:

  • Diclofenac (zum Beispiel Voltaren ®)
  • Ibuprofen (zum Beispiel Spalt ®)
  • Naproxen (zum Beispiel Proxen ®)
  • Indometacin (zum Beispiel Amuno ®)
  • … und andere mehr

Neben den in Klammern aufgeführten Handelsnamen gibt es natürlich eine Unzahl weiterer Handelsnamen, die übersichtshalber nicht genannt werden.

Obwohl vom chemischen Aufbau her unterschiedlich, weisen alle Mittel das gleiche (Neben-) Wirkungsspektrum auf. Das Wirkungsspektrum lässt sich in drei Hauptkomponenten gliedern:

  • Die entzündungshemmende Wirkung (antiphlogistisch)
  • Die fiebersenkende Wirkung (antypyretisch)
  • Die schmerzstillende Wirkung (analgetisch)

Die einzelnen Wirkungen dieses Spektrums können ballerdings sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Daher werden einige Medikamente vorzugsweise als Schmerzmittel (Analgetika), andere als fiebersenkende Arzneimittel (Antipyretika) eingesetzt.

Die antiphlogistische, entzündungshemmende Wirkung erinnert an die Funktion und Wirkung des Steroids Cortison (Cortisol), was die Bezeichnung „nicht steroidale“ Antirheumatika bzw. Antiphlogistika nahelegt. Der Begriff Antirheumatika entstand in der Frühzeit der Verwendung dieser Medikamente, kurz nach ihrer Entdeckung, als sie überwiegend zur Behandlung rheumatischer Schmerzen verordnet wurden. Zur Abgrenzung gegen die große Gruppe schmerzlindernder Medikamente auf Morphinbasis werden die NSAR in der Literatur oder in Patienteninformationen auch als „nicht Opioid Analgetika“ bezeichnet.

Die Wirkungsweise
Um die Wirkunsweise der NSAR zu verstehen, muss man sich zunächst mit der Entstehung von Schmerz vertraut machen.

Schmerzen werden ganz überwiegend von freien Nervenendigungen wahrgenommen, die überall in der Haut, den Muskeln, den Gelenken, den Eingeweiden oder den Blutgefäßen vorkommen. Die freien Nervenendigungen reagieren auf gewisse Substanzen wie beispielsweise die Prostaglandine oder Histamine und leiten diese Reaktion in Form elektrischer Impulse an unser Großhirn weiter. Dort wird der ankommende Eindruck als Schmerz wahrgenommen.

Prostglandine und Histamine sind somit die die eigentlichen Schmerzauslöser. Sie werden von zerstörten, verletzten oder entzündeten Zellen und Geweben freigesetzt. Dabei ist es völlig unerheblich, welche Art der Verletzung oder Entzündung zu der Gewebsschädigung geführt hat.

Interessant ist, wie Prostaglandine entstehen. Anders als beispielsweise die Histamine werden die Prostaglandine nicht von den Zellen gespeichert, sondern bei Vorliegen einer Entzündung oder nach Eintreten einer Verletzung erst aus der körpereigenen Fettsäure Arachidonsäure synthetisiert, also „hergestellt“.

An der Umwandlung von Arachidonsäure in schmerzauslösende Prostaglandine sind viele chemisch wirksame Substanzen, sog. Enzyme  beteiligt. Das Schlüsselenzym dieses Prozesses ist das Enzym Zyklooxygenase.

Die Hauptwirkung der klassischen NSAR besteht in der Hemmung eben dieses Enzyms Zyklooxygenase. Dadurch wird die Entstehung schmerzauslösender Prostaglandine verhindert.

Prostaglandine

Prostaglandine wurden erstmals im Sekret der Prostata entdeckt, daher ihr Name. Sie kommen jedoch in allen Geweben, überall im Körper vor. Das bedeutet, dass sich beinahe jedes Gewebe und jedes Organ auf dieselbe Art und Weise durch Schmerzen bemerkbar machen kann.

Hinsichtlich der NSAR hat das ubiquitäre (überall) Vorkommen der Prostaglandine und die einheitliche Art der Schmerzentstehung den Vorteil, dass sie bei praktisch allen Leiden wirkungsvoll eingesetzt werden können. Als Nachteil ergibt daraus der Umstand, dass auch mehr oder weniger alle Körperregionen von den Nebenwirkungen betroffen sind.

Prostaglandine sind nicht nur an der Entstehung von Schmerzen, sondern auch an der Entstehung von Fieber und als Mediatoren an Entzündungsreaktionen beteiligt. Das erklärt das breite schmerzstillende, fiebersenke und entzündungshemmende Wirkungsspektrum der nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR).

Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) verhindern die Synthese (Bildung) von schmerzauslösenden Prostaglandinen und wirken daher schmerzstillend (analgetisch), fiebersenkend (antipyretisch) und entzündungshemmend (antiphlogistisch).

Leider vermindern Prostaglandine aber auch die Produktion von Magensäure und fördern den Aufbau der Magenschleimhaut.  Eine Reduktion der Prostaglandinsäuresynthese führt daher immer auch zu dem unerwünschten Effekt einer Steigerung der Magensäureproduktion bei gleichzeitiger Abbau der schützenden Magenschleimhaut. Das Ergebnis sind die in der Langzeitbehandlung gefürchteten Magenschleimhautentzündungen oder gar Magengeschwüre.

Wann werden nicht steroidale Antirheumatika eingesetzt?
Nicht steroidale Antirheumatika entfalten ihre Wirkung hauptsächlich in der Körperperipherie. Daher sind sie bei Muskel- oder Gelenkschmerzen wirksamer als bei Schmerzen der Eingeweide.

Besonders geeignet sind nicht steroidale Antirheumatika zur Behandlung von leichten und mittelschweren Schmerzen. Andere Indikationen sind die Therapie von Entzündungen oder Fieber.  Bei Entzündungen sind oft höhere Dosierungen erforderlich. Im Unterschied zu den ebenfalls entzündungshemmenden Salizylsäurepräparaten (Aspirin®) sind NSAR aber besser verträglich. Allerdings stellt sich die entzündungshemmende Wirkung nur langsam, manchmal erst nach Wochen, ein. Ein Umstand, der leider häufig dazu führt, dass Patienten die Medikation wegen „Unwirksamkeit“ nicht selten eigenmächtig absetzen.

NSAR gibt es in verschiedenen Formen: als Tabletten, als Zäpfchen, als Spritze oder als Salbe zum Einreiben. Die häufigste Anwendungsform ist die Tablette  oder Kapsel.  Salben sind weit verbreitet, aber der Nutzen bleibt umstritten, weil die Wirkung erheblich geringer ist, als bei Tabletten. Nur, wenn die Salben  auf sehr große Areale aufgetragen werden, ist ihre Wirksamkeit mit der von Tabletten oder Kapseln vergleichbar.