16.01.10

Hauptbestandteil des Knochens sind Kalzium- und Phosphatkristalle. Sie sind in ein Geflecht aus miteinander verbundenen Eiweißfäden, dem Kollagen, eingebettet und verleihen dem Knochen Festigkeit und Elastizität.

Dennoch ist ein Knochen ein lebendes, stoffwechselaktives Organ. Durch ständige Umbauprozesse im Knochen wird alte Knochensubstanz abgebaut und neue Knochensubstanz wieder aufgebaut. Bei gesunden Menschen besteht ein an die Belastungen angepasstes Gleichgewicht zwischen Knochenabbau und Knochenaufbau. Ist das Gleichgewicht zu Lasten des Knochenaufbaus gestört, entwickelt sich eine Osteoporose.

An den ständigen Umbauvorgängen sind im wesentlichen zwei Zelltypen beteiligt: Die Osteoklasten, verantwortlich für den Knochenabbau und die Osteoblasten, verantwortlich für den Knochenaufbau. Ostenklasten- und Osteoblastentätigkeit sind  - angepasst an die Situation und den Bedarf – aufeinander abgestimmt. So überwiegt in  Ruhe beispielsweise  der Knochenabbau durch die Osteoklasten, während unter Belastung wie beispielsweise regelmäßigem Ausdauersport der Knochenaufbau durch die Osteoblasten bis zum Erreichen der nötigen Knochenstabilität den Knochenabbau übersteigt.

Das Therapieziel bei Osteoporose ist es, die Knochensubstanz zu erhalten oder zu vermehren. Dieses Ziel kann entweder durch die Hemmung der Osteoklasten , die Stimulation der Osteoblasten oder die Kombination beider Verfahren angestrebt werden.

Wie greifen Bisphosphonate in das Wechselspiel von Knochenabbau und Knochenaufbau ein?

Bisphoshonate werden in die mineralisierte Knochenmatrix eingelagert und bilden auf diese Art eine mechanische Hülle um die einzelnen Knochenbälkchen. Zwischen dem Knochen und den knochenabbauenden Osteoklasten befindet sich nun eine Schutzschicht, die eine weitere Resorption von Knochensubstanz durch die Osteoklasten verhindert.  Mit dem Begriff Resorption bezeichnet man den organischen Prozess, bei dem körpereigene oder -fremde Stoffe, z.B.. die Knochensubstanz, durch lebende Zellen, in diesem Fall die knochenabbauenden Osteoklasten, aktiv aufgenommen werden.

Durch die Schutzschicht sinkt die Resorptionsrate von Knochengewebe, der Knochenabbau wird verzögert, bzw. gebremst. Man spricht daher von der antiresorptiven Wirkung der Bisphosphonate.

Moderne Bisphoshonate lagern sich zudem unmittelbar den Oberflächen der Osteoklasten an. Um Knochensubstanz resorbieren zu können, sondern die Osteoklasten Säuren in das umliegende Gewebe ab. Diese Säuren werden von den basischen Bisphosphonaten weitgehend neutralisiert. Dieser Wirkungsmechanismus hat den Vorteil, dass er sich nur in Bereichen mit erhöhter Osteoklastenaktivität entfaltet, was zu einer Reduzierung der zu verabreichenden Medikamentendosis beiträgt.

Weiterhin belegen Untersuchungen, dass Bisphosphonate den programmierten Zelltod (Apoptose) der Osteoklasten anregen und darüber die die Lebensdauer der Osteoklasten verkürzen.

Alle Wirkmechanismen führen dazu, dass Bisphosphonate sehr effektiv eingesetzt werden können, um eine erhöhte Knochenabbaurate zu normalisieren.

Welche Ergebnisse bringt die Behandlung mit  Bisphosphonaten  bei der Osteoporose?

Bisphosphonate bewirken wie beschrieben eine effektive Hemmung des Knochenabbaus durch die Reduzierung der Osteoklastenaktivität. Die Balance zwischen Knochenabbau und Knochenaufbau verschiebt sich zugunsten des Knochenaufbaus. So kommt es in der Regel auch zu einer  Zunahme der Knochendichte von ca. 2% pro Jahr, die jedoch nach den ersten 3 Jahren der Behandlung sistiert. Diese Zunahme der Knochendichte  ist eine Folge des vermehrten Knochenaufbaus durch die Osteoblasten, der dadurch zustande kommt, dass die knochenabbauenden Osteoklasten in ihrer Aktivität durch die Bisphosphonate gehemmt sind. Sie ist nicht das Resultat einer unmittelbaren Wirkung der Bisphosphonate auf den Knochen.

Die für den Patienten wichtigste Wirkung der Bisphosphonate ist die Senkung der Knochenbruchrate bzw. des Knochenbruchrisikos. Vor allem die Rate der Wirbelbrüche reduziert sich unter Behandlung mit Bisphosphonaten im Vergleich zu unbehandelten osteoporotischen Patientinnen um ca. 50% . Je mehr Wirbelbrüche bereits vorhanden sind, desto stärker wird der positive Effekt.

Wann werden Bisphosphonate eingesetzt?
Bisphosphonate gehören zu den Präparaten zur Therapie einer postmenopausalen Osteoporose, deren fraktursenkende Wirkung am besten belegt ist. Das gilt sowohl für die Verminderung von Wirbelkörperfrakturen als auch für die Verminderung  von Frakturen anderer Knochen. Für alle Bisphosphonate ist auch eine signifikante Steigerung der Knochendichte nachgewiesen, was sie zu wertvollen Therapeutika in der spezifischen, auf die Krankheitsursache hin ausgerichteten Therapie der Osteoporose macht.

Bisher gibt es keine Belege für klinisch relevante Unterschiede der Wirksamkeit der für die postmenopausale Osteoporose zugelassenen Bisphosphonate.

Generell besteht die Zulassung für den Einsatz der Bisphosphonate derzeit nur zur Behandlung der Osteoporose für Frauen nach der Menopause ("postmenopausale Osteoporose"). Allerdings werden sie mittlerweile auch bei anderen Patienten eingesetzt.

Ab wann oder für wen eine spezifische Therapie in Frage kommt, entscheidet Ihr Orthopäde nach sorgfältiger Überprüfung der Behandlungsnotwendigkeit  anhand verschiedener Kriterien. Eine wichtige Entscheidungshilfe sind einmal die sogenannten Leitlinien, die sich auf gesicherte Erfahrungswerte in der Therapie einer Osteoporose beziehen. Sie werden in regelmäßigen Abständen, angepasst an neue Erkenntnisse, neu veröffentlicht. Zum anderen spielen natürlich die persönliche Krankengeschichte und die besonderen Lebensumstände des Einzelnen eine wichtige Rolle. Eine pauschale Empfehlung für den Beginn einer Therapie mit Bisphoshonaten ist aus den gegebenen Gründen nicht möglich.

Davon unberücksichtigt bleiben neben der Osteoporosetherapie gänzlich andere Einsatzmöglichkeiten der Bisphoshonate, beispielsweise bei Knochenmetastasen oder Tumorhyperkalziämien.

Welche Medikamente enthalten Bishosphonate?

Der Begriff Bisphosphonat ist der die chemische Struktur beschreibende Oberbegriff für antiresorptive, den Knochenabbau hemmende Substanzen. Von solchen Molekülen oder Substanzen existieren meist zahlreiche, ebenfalls gut wirksame, aber nicht ganz identische Variationen oder Untergruppen. Kommt eine solche Substanz als Arzneimittelwirkstoff in Frage, erhält sie von der Weltgesundheitsorganisation einen internationalen Freinamen. Diese Namen erlauben Wissenschaftlern und Ärzten aus aller Welt, sich einfach über Medikamente zu unterhalten, obwohl diese in unterschiedlichen Ländern häufig verschiedene Markennamen haben. Der Marken- oder Handelsname ist Eigentum des Herstellers. Im Unterschied zu diesen Markennamen  unterliegt der Gebrauch von Freinamen in der Literatur und Forschung keinen Beschränkungen.

Daher werden in internationalen Empfehlungen zur Osteoporosetherapie auch nur Freinamen genannt. Beispiele von Bisphoshonaten, die zur Therapie einer Osteoporose zugelassen sind, sind das Alendronat, das Risedronat, das Ibandronat oder das Zoledronat. In der Apotheke erhalten Sie die Bishposphonate als Handelspräparate unter den Markennamen des Herstellers, die nicht nur von Hersteller zu Hersteller, sondern auch von Land zu Land variieren Können. So wird beispielsweise das Alendronat als Fosamax® vertrieben.

Alle Bisphosphonate haben sich als einfache und sehr wirksame Osteoporose-Therapie bewährt und sind gut verträglich.

Wie werden Bisphosphonate verabreicht?

Derzeit werden Bisphosphonate als Tabletten und als intravenös zu verabreichende Medikamente eingesetzt. In Tablettenform sind beispielsweise Alendronat, Risedronat, Ibandronat oder Etidronat erhältlich.

Intravenös verabreicht werden können beispielsweise Pamidronat, Ibandronat oder Zolendronat.

Von einigen Präparaten existieren mittlerweile "Wochentabletten" oder sogar „Monatstabletten“, d.h. nur einmal pro Woche bzw. pro Monat ist eine Tabletteneinnahme notwendig. Dies ist besonders wegen der möglichen Nebenwirkungen im Verdauungstrakt und wegen der streng einzuhaltenden Einnahmeempfehlungen von Bedeutung.

Der Vorteil der Präparate, die als Infusion oder als Spritze verbreicht werden, liegt darin, dass bei magenempfindlichen oder bettlägerigen Patienten die typischen Nebenwirkungen der Bisphosphonate in Tablettenform vermieden werden können und die Verabreichung in größeren Abständen - als Depotpräparat – erfolgen kann. Solche Abstände können mehrere Monate bis zu einem Jahr betragen.

Die Eigenschaft, die Aktivität der Osteoklasten und damit die Knochenabbaurate zu bremsen, ist allen Bisphosphonaten gemeinsam. Allerdings unterscheiden sich die verschiedenen Substanzgruppen hinsichtlich des Ausmaßes dieser Eigenschaft. Deshalb werden Bisphosphonate auch in unterschiedlichen Dosierungen angeboten.

Welche Nebenwirkungen haben Bisphosphonate?

Im Allgemeinen sind Bisphosphonate gut verträglich. Allerdings können sie die Schleimhäute reizen. Die Reizung (oder Irritation) der Schleimhäute stellt somit auch die häufigste, unerwünschte Nebenwirkung dieser Substanzklasse dar.

Werden die Bisphosphonate als Tablette eingenommen, sind vor allem die Schleimhaut der Speiseröhre, des Magens und des Darms betroffen. Die Schleimhautreizungen dieser Organe  äußern sich als Übelkeit, Aufstoßen, Sodbrennen, Magenschmerzen und machmal auch als Bauchkrämpfe.

Wegen solchen möglichen Nebenwirkungen gibt es Einnahmevorschriften, die streng zu beachten sind. So sollen Bisphosphonate möglichst morgens und nüchtern mit viel Flüssigkeit (einem großen Glas Wasser) eingenommen werden. Anschließend sollte man sich mindestens eine halbe Stunde nicht hinlegen. So wird gewährleistet, dass die Passage durch die Speiseröhre und den Magen möglichst schnell geschieht und die Tablette nicht länger als notwendig in diesem empfindlichen Bereich verbleibt.

Als Alternative stehen für besonders magenempfindliche oder bettlägerige Patienten Bisphosphonate zur Verfügung, die als Infusion verabreicht werden.