06.12.10

Der Volksmund weiß es schon lange: Körperliches Unwohlsein und psychische Belastungen gehen Hand in Hand. Das gilt in besonderem Maße für unseren Rücken. „Etwas aus dem Kreuz leiern“, die sprichwörtliche „Last auf unseren Schultern“ oder der legendäre „Sorgenbuckel“ sind nur wenige Beispiele, wie der Volksmund den Zusammenhang zwischen Rückenleiden und seelischem leiden auch in unserer Sprache verankert hat.

Auch die Art und Weise, wie wir seelische Anspannung durch unsere Körperhaltung nach außen bekunden, lässt schon auf eine Mitbeteiligung des Rückens schließen. Ein ängstlicher oder mit Kummer belasteter Mensch zieht die Schultern nach vorne und bewegt sich mit gebeugtem Rücken. Beide Haltungen führen zu Muskelverkrampfungen, die, wenn sie nicht rechtzeitig gelöst werden, zu chronischen Rückenschmerzen führen.

Woher kommt der Stress?
Ursachen für seelische Verspannungen sind neben privaten Sorgen, Angstgefühlen auch gesellschaftspolitische Zusammenhängen wie drohender Arbeitsplatzverlust oder eine allgemein schlechte Wirtschaftssituation. In diesen Zusammenhang passen auch Ergebnisse von Erhebungen, die belegen, dass unter Arbeitslosen besonders viele Patienten mit Rückenleiden zu finden sind.

Wie solche Zahlen zu interpretieren sind, bleibt allerdings strittig, da die Rückenleiden insbesondere bei den Befragten zunehmen, von denen eine – oft ungewollte – Wiedereingliederung in das Berufsleben gefordert wird. Auch in Gesellschaften mit anderen schweren gesellschaftspolitischen Herausforderungen wie beispielsweise Krieg sind einer amerikanischen  Studie zufolge Zivilisationskrankheiten einschließlich Rückenschmerzen seltener. Der Zusammenhang zwischen Rückenschmerzen und Psyche muss demnach streng unter dem Vorbehalt modernen Industriegesellschaften gesehen werden. Für sie gilt der einfache Grundsatz: Je schlechter die Wirtschaftssituation, desto häufiger die Rückenleiden.

Was kann man als Betroffener tun?

Das wirtschaftliche und soziale Umfeld einschließlich aller Abhängigkeiten zu ändern ist – wenn überhaupt – nur in langwierigen, schwierigen Prozessen zu ändern. Der schnellste,  einfachste und trotzdem erfolgversprechende Weg zur Vermeidung oder Besserung Bereits bestehender Rückenschmerzen bleibt daher die Vorbeugung durch körperliche Aktivitäten.

Das Beste bei negativem Stress ist Bewegung. Sie verhindert und löst Verspannungen, macht den Kopf frei und lenkt für eine Weile von den Problemen ab. Empfohlene Bewegungen sind neben regelmäßigem Sport vor allem häufiges Stretchen (Dehnungen) oder speziell für den Rücken entwickelte Übungen für den Arbeitsplatz. Beinahe jede Krankenkasse hat entsprechende, kostenlose Ratgeber und Anleitungen im Angebot. Informieren lohnt sich daher auf jeden Fall.

Neben den körperlichen Aktivitäten sollten aber auch technische Gegebenheiten überprüft und falls nötig korrigiert werden. Dazu gehören Beispielsweise die Ausstattung des Arbeitsplatzes, die richtige Berufs- und Freizeitkleidung, die richtige Sitzposition am Arbeitsplatz und zuhause und vieles andere mehr. Auch zu diesen Themen gibt bei den Krankenkassen oder zuständigen Berufsgenossenschaften umfangreiches Informationsmaterial.

Trotz der zahlreichen Möglichkeiten der Prävention müssen die Lösung privater Probleme und die Reduktion von negativem Stress die Hauptanliegen bei der Behandlung von psychisch ausgelösten Rückenschmerzen bleiben. Aber denken sie daran: Ein starker Rücken ist nicht nur das Ergebnis einer erfolgreichen Stressreduktion, sondern auch ein wichtiger Verbündeter bei der Stressbewältigung. Denn nicht umsonst spricht der Volksmund davon, die „Sorgen schultern“ zu können, sich an „starke Schultern anlehnen“ zu sollen oder sich ein „breites Kreuz „zulegen zu müssen.