Medikamentöse Schmerztherapie mit Calcitonin (Kalzitonin) und Biphosphonaten
Calcitonin
Außer den Östrogenen und Bisphoshponaten gibt es weitere zusätzliche Osteoporose-Therapeutika, die zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose zugelassen sind. Allerdings ist Ihre Wirkung, vor allem die Wirkung in Bezug auf eine Senkung von Wirbelkörperfrakturen mit einem niedrigeren Evidenzgrad belegt.
Die evidenzbasierte Medizin wertet und klassifiziert klinische Studien nach ihrer Aussagefähigkeit. Daraus leiten sich Empfehlungen für Therapien ab, die in Evidenzklassen unterteilt werden. Je höher die Evidenzklasse einer Therapieoption, desto offensichtlicher und wahrscheinlicher der Behandlungserfolg.
Parenteral (über Spritze) appliziertes Calcitonin hat eine nachgewiesen schmerzlindernde Wirkung bei akuten Frakturen (Knochenbrüchen). Die Evidenzklasse wird mit B angegeben. Der Grad B ist belegt durch gut durchgeführte, nicht randomisierte klinische Studien. Unter einer klinischen Studie versteht man die experimentelle Prüfung eines Behandlungsverfahrens (z.B. von Calcitonin) unter definierten Rahmenbedingungen. Randomisiert bedeutet "nach dem Zufallsprinzip zugeordnet" bzw. "zufällig". Durch die Randomisierung wird ausgeschlossen, dass bei der Einteilung von Patienten in Kontrollgruppen ungewollt oder gewollt Vorentscheidungen getroffen werden, die das Ergebnis in eine gewünschte Richtung lenken. Randomisierte Studien sind daher höher zu bewerten als nicht randomisierte Studien.
Calcitonin (Kalzitonin) wurde 1961 entdeckt. Der schmerzlindernde Effekt wurde schon früh beschrieben.
Im Vergleich zu den Bisphosphonaten bringt eine Calcitonintherapie keine besseren Ergebnisse in Hinblick auf die Knochenmineraldichte. Sowohl die intravenöse als auch die intranasale Gabe scheint den langen Dosierungsintervallen moderner Bisphosphonate deutlich unterlegen zu sein.
In zahlreichen klinischen Studien konnte aber eine Linderung der Schmerzen und eine erhöhte Mobilisierbarkeit des Patiente insbesondere nach osteoporotischen Wirbelfrakturen nachgewiesen werden.
Die Indikation für Calcitonin (Kalzitonin) bei Osteoporose ist heute daher überwiegend aus schmerztherapeutischer Sicht gegeben. Die Effektstärke ist vergleichbar mit der anderer Analgetika (Schmerzmittel). Aufgrund der höheren Kosten und der höheren Nebenwirkungsrate wird der Einsatz von Calcitonin (Kalzitonin) als Schmerztherapeutikum eher zurückhaltend praktiziert.
Bisphosphonate
Sowohl in der vorbeugenden, knochenstabilisierende Therapie als auch in der Schmerztherapie der Osteoporose sind Bisphosphonate seit Langem etabliert.
Inwieweit Bisphosphonate neben ihrer Wirkung auf den Knochenaufbau auch wirklich eine analgetische (schmerzlindernde) Wirkung bei Osteoporose-Schmerzen aufweisen, ist bislang nur unzureichend untersucht.
Eine (schwache) analgetische Wirkung von Bisphosphonaten nach Wirbelkörperfrakturen ist nur bei intravenöser Hochdosistherapie mit diesen Präparaten nachgewiesen. Die üblicherweise in der Osteoporosetherapie verwendeten Dosen sind für eine gezielte Schmerztherapie ungeeignet. Bezüglich ihrer analgetischen Wirkung erhalten auch die Bisphoshonate wie schon das Calcitonin die Evidenzklasse B.
Es gibt allerdings Studien, die belegen wollen, dass bestimmte Bisphosphonate stärker analgetisch wirksam sein sollen als Paracetamol, Nichtopioide, Opioide oder alternative Behandlungsmethoden wie TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation). Allerding handelt es sich bei den zitierten Studien nicht um Kontrollierte Studien.
Kontrolliert heißt eine Studie, wenn die Ergebnisse in der Studiengruppe mit denen einer Kontrollgruppe verglichen werden, in der die zu testende Maßnahme nicht zur Anwendung kommt. Die Kontrollgruppe wird auch als Vergleichs- oder Placebogruppe (sofern Placebos eingesetzt werden) bezeichnet.
Weitere Kontrollierte Studien zur Beantwortung der Frage nach der analgetischen Wirkung von Bisphosphonaten wären sicher wünschenswert.
Betrachtet man jedoch den Langzeitverlauf einer Therapie mit Bisphosphonaten mit einer für die Osteoporose typischen Dosierung, ergibt sich eine andere Bewertung. Für Bisphosphonate und für andere Fraktur-senkende Osteoporosetherapeutika ist im Langzeitverlauf nämlich ein geringeres Auftreten von Rückenschmerzen belegt. Der Grund für diese Ursache ist wahrscheinlich die generelle Verminderung von Frakturen (Knochenbrüchen) nach oder während einer solchen Behandlung. Die Schmerzreduktion wäre dann das Ergebnis einer medikamentösen Schmerzprävention (Vorbeugung).
Zusammenfassend kann daher die Verabreichung von Bishosphonaten für eine Langzeittherapie in Erwägung gezogen, für eine akute Schmerztherapie aber nicht empfohlen werden.