19.03.12

Morbus Perthes
Der Morbus Perthes, benannt nach dem deutschen Chirurgen Georg Clemens Perthes, ist eine orthopädische Kinderkrankheit. Andere Bezeichnungen sind Morbus Legg-Calvé-Perthes, Osteochondrosis deformans juveniles oder ideopathische kindliche Hüftkopfnekrose.

Ursachen
Die Ursache eines Morbus Perthes ist eine Durchblutungsstörung (Ischämie), wahrscheinlich auf der Basis einer Minderanlage der ohnehin kritischen Blutgefäßversorgung des Hüftkopfes. Die schlechte oder nicht ausreichende Blutversorgung führt zu einer Sauerstoffunterversorgung und damit zu einer Nekrose (Gewebstod) des Knochengewebes. Die Größe oder das Ausmaß dieser Durchblutungsstörung ist sowohl entscheidend für den Verlauf der Erkrankung als auch für die Regeneration (Wiederherstellung) des Hüftkopfes.

Ein oft zitierter Zusammenhang zwischen Mangelernährung und Morbus Perthes ist  wissenschaftlich nicht eindeutig belegt.

Symptome
Die ersten Beschwerden treten bei Jugendlichen im Alter zwischen 3 und 12 Jahren auf. Eine Häufung des Auftretens ist zwischen dem 5. Und 7. Lebensjahr zu beobachten. Jungen sind etwa viermal häufiger betroffen als Mädchen.

Der Morbus Perthes ist eine Erkrankung des Knochengerüstes im Bereich der Gehgelenke der kindlichen Hüfte. Andere Gelenke des Körpers werden nicht betroffen. In den meisten Fällen wird daher häufig als erstes Symptom ein fortgesetztes Hinken des Kindes bemerkt. Im weiteren Verlauf geben 75% aller Kinder Schmerzen im Bereich der betroffenen Hüfte an, 25% schildern die Schmerzenhüftgelenksfern im Knie und Oberschenkel. In jedem Fall sind die klinischen Anzeichen (Symptome) einer Pertheserkrankung zunächst nur wenig charakteristisch.

Neben den Schmerzen und Bewegungseinschränkungen wie Hinken oder schnelle Ermüdbarkeit, finden sich gelegentlich auch weitere – ebenfalls unspezifische – Symptome wie Gelenkschwellung, Gelenkerguss oder Überwärmung des Gelenks, die an ein entzündliches Geschehen denken lassen. Andere Umstände erschweren die Ausprägung einer typischen Symptomatik zusätzlich.

  • Die Beschwerdesymptomatik kann aufgrund von Belastung und Reizzustand des Gelenkes häufig wechseln.
  • Kleinkinder sind oft noch nicht in der Lage, ihre Schmerzen genau zu lokalisieren und zu erklären.
  • Kinder bewegen sich leiden heute häufiger unter Bewegungsmangel. Sie bewegen sich zu wenig und selten. Wahrgenommene Bewegungseinschränkungen werden daher oft mit mangelndem Training erklärt.
  • Kinder sind außergewöhnlich gut in der Lage, die betroffenen Gelenke zu schonen und den eingeschränkten Funktionsumfang durch Fehlhaltungen zu kompensieren.

Bei allen Gelenken, die äußerlich die Entzündung, z.B. Gelenkschwellung oder Ergussbildung, nicht genau erkennen lassen, wird der Morbus Perthes deshalb manchmal nicht rechtzeitig erkannt. So kann es zunächst unbemerkt zu einer Funktionseinschränkung und zunehmenden, später nur noch mit großem Aufwand oder gar nicht mehr zu behebenden Gelenkfehlstellungen kommen.

Verlauf
Der Morbus Perthes ist auch gekennzeichnet durch einen typischen Verlauf der Erkrankung:

  • Initialstadium:
    typisch st eine im Röntgenbild erkennbare Gelenkspaltverbreiterung.
  • Kondensationsstadium:
    Im Röntgenbild ist eine Verdichtung der Knochensubstanz zu erkennen.
  • Fragmentationsstadium:
    In der Röntgenaufnahme ist ein scholliger Zerfall der Femurkopfepiphyse erkennbar.
  • Ausheilungsstadium:
    Es kommt zur Reossifikation (Wiederherstellung des Knochens), die aber unter Umständen mit einer Deformierung der Femurkopfepiphyse und daraus resultierenden Fehlstellungen des Gelenks einhergeht.

Die einzelnen Stadien sind von Patient zu Patient hinsichtlich der zu beobachtenden Veränderungen und der zeitlichen Dauer unterschiedlich ausgeprägt. Auch die Namen der Stadien werden in der Fachliteratur nicht einheitlich behandelt. Der zeitliche Verlauf des Morbus Perthes ist abhängig vom Alter des Kindes bei Diagnosestellung und nicht vorhersehbar. Die individuell unterschiedliche Ausdehnung des Knochenbefalles spielt eine wichtige Rolle für den Verlauf. Insgesamt kann die Erkrankung zwischen wenigen Monaten und mehreren Jahren dauern.

Jede Perthes-Erkrankung verläuft anders, durchläuft aber immer alle vier Stadien und muss individuell beurteilt und behandelt werden!

Klassifikation
Orthopäden benutzen beim Verlauf des Morbus Perthes unterschiedliche Klassifizierungen, die hier nicht einzeln aufgelistet werden. Sie verdeutlichen vor allem die Verlaufsphasen (also die anatomischen Veränderungen) und den Schweregrad der Erkrankung. Die genaue Festlegung einer Klassifikation (z.B. nach Catterell) hat vor allem Bedeutung für die Therapieentscheidung und die Prognose.

Diagnose
Im Röntgenbild sind die verschiedenen Stadien gut voneinander abzugrenzen und die Diagnose ist daher einfach zu stellen. Lediglich in der Frühphase sollte die Diagnose eines Morbus Perthes mit dem MRT (Magnetresonanztomografie) untermauert werden.

Therapie
Das Hauptziel aller therapeutischen Bemühungen ist die Vermeidung einer bleibenden Deformität (Verformung des Hüftkopfes) und somit einer anhaltenden Fehlstellung, die schon früh zur Ausbildung einer Arthrose führen kann.

Liegen zum Zeitüunkt der Diagnosestellung bereits verformungenvor, muss das therapeutische Ziel eine Wiederherstellung der Gelenkkongruenz sein (die Gelenkflächen müssen "aufeinander passen").

DieTherapie des Morbus Perthes muss immer individuell ausgelegt und angepasst werden. Eine pauschale Therapieempfehlung kann daher nicht ausgesprochen werden.

Bei normalem Verlauf und guter Heilung bleiben keine störenden Beeinträchtigungen zurück und die Lebensqualität der Kinder ist zukünftig als normal zu bezeichnen. Beim Fehlen von Risikofaktoren und jungem Alter ist daher teilweise eine Verlaufsbeobachtung unter voller Belastung des Hüftgelenkes möglich. Ein Morbus Perthes  gilt als selbstheilend, wenn keine weiteren Gelenkfehlstellungen vorhanden sind. Die Behandlungsmöglichkeiten kann allerdings nur ein erfahrener Kinderorthopäde bewerten und festlegen, da jeder Morbus Perthes Fall völlig anders und nicht pauschal zu behandeln ist.

Liegt eine Fehlstellung des Gelenkes vor, so muss das Hüftgelenk durch sogenannte Orthesen, während der kritischen Phase entlastet werden. Nicht selten ist auch eine Operation das richtige Mittel, um die bestmögliche Ausheilung zu erreichen und einer frühen Arthrose vorzubeugen. Über die verschiedenen und die für den speziellen Fall geeignete Operationstechnik informiert Sie Ihr Orthopäde.

Prognose
Bei etwa 40% der Patienten ist mit einem ungünstigen Verlauf der Erkrankung zu rechnen. Je später das Kind erkrankt, desto ungünstiger ist die Prognose. Im mittleren Lebensalter müssen dann chronische Hüftbeschwerden und wegen der Beinlängendifferenz auch Wirbelsäulenbeschwerden behandelt werden. Nicht selten ist der ungünstige Verlauf auch von familiären oder anderen sozialen Umständen abhängig: Da der Morbus Perthes einen Krankheitsverlauf von mehreren Jahren hat und somit die kritische Phase monatelang bestehen bleibt, ist eine konsequente Therapie der betroffenen Kinder natürlich häufig schwierig.

Quellen: